Mittelbayerische Zeitung: Riskantes Bohren - Die Bundesregierung will das umstrittene Fracking nicht verbieten. Der Kompromissvorschlag ist sinnvoll. Von Reinhard Zweigler
Geschrieben am 01-04-2015 |
Regensburg (ots) - Fracken bedeutet so viel wie aufbrechen. In den
USA spricht man inzwischen sogar von einer Fracking-Revolution. Dort
wird aus Tausenden Bohrlöchern aus tiefem Gestein unter hohem Druck
mit einem Wasser-Chemikalien-Cocktail Gas und Öl gewonnen. Das
Gestein, das die konventionelle Erschließung dieser Energiequellen
bis dahin verhinderte, wird aufgesprengt, aufgebrochen. Seit in
Nordamerika diese, allerdings nicht billige, sondern aufwendige
Fördertechnologie angewandt wird, verschieben sich sogar
geostrategisch einige Gewichte. Onkel Sam vertraut auf die neuen,
eigenen Rohstoffquellen und schaut nicht mehr ganz so gebannt darauf,
was in den klassischen Öl- und Gasförderstaaten des Nahen und
Mittleren Ostens geschieht. In der Folge kamen zuletzt auch der Öl-
und Gaspreis unter Druck. Russland etwa, dessen Staatshaushalt auf
einem hohen Ölpreis aufbaut, bekommt große Probleme. Und was hat das
Fracking mit Deutschland zu tun, das selbst kaum Öl und Gas fördert?
Eine ganze Menge. Erstens können wir uns von den globalen
Entwicklungen nicht abkoppeln, so oder so nicht. Die zurzeit relativ
niedrigen Weltmarktpreise stützen die Konjunktur. Wenn die Menschen
weniger fürs Tanken und fürs Heizen ausgeben müssen, bleibt Geld für
andere Ausgaben übrig. Zweitens jedoch eröffnet die Technologie des
sogenannten unkonventionellen Frackings auch hierzulande neue fossile
Energiequellen. Und die stellen sich Janus-köpfig dar. Will heißen,
sie sind mit Chancen, aber auch einer Reihe von Risiken verbunden.
Die Kunst besteht nun darin, die richtige Balance zwischen beiden zu
finden. Mit einem "Im Prinzip nein, aber" will die Bundesregierung
für das bislang weithin ungeregelte unkonventionelle Fracking nun
einen verlässlichen Gesetzesrahmen schaffen. Umweltschützer und
Bürgerinitiativen vor Ort dürften diesen Kompromiss für eine
gefährliche Hintertür für das Fracking halten. Doch das Gesetzespaket
ist gleichwohl sinnvoll, denn es setzt einerseits strikte Grenzen und
ermöglicht es andererseits, weiter zu forschen. Ob es in Deutschland
wirklich zum Fracking kommt, wonach es derzeit nicht aussieht, ist
eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz. Anders als beim
konsequenten Atomausstieg, der nach der Fukushima-Katastrophe in
Windeseile vollzogen wurde, nimmt man sich bei der
Fracking-Technologie nun Zeit. Anders als bei der Kernkraft, die seit
Jahrzehnten genutzt wurde und deren Risiken und Entsorgungsprobleme
wir ziemlich genau kennen, ist das unkonventionelle Fracken
hierzulande noch weithin unbekannt. Deshalb ist es auch verständlich,
dass die Fragen, Sorgen, Ängste, Zweifel überwiegen und viele
Menschen gegen Fracking auf die Straße gehen. Niemand möchte sein
Trinkwasser durch eine fragwürdige Fördertechnologie, mit der einige
Unternehmen kräftig Geld verdienen wollen, gefährden, ja sogar
vergiften lassen. Flüsse, Seen, Trinkwasser- und Naturschutzgebiete
und ganz selbstverständlich auch die Brunnen von Brauereien dürfen
keinesfalls negativ beeinflusst werden. Genau diese weitgehenden
Ausnahmen für das Fracking macht jedoch das Gesetzespaket der
Umweltministerin. Ganz wichtig ist auch, dass nicht ein irgendwie
zusammengesetztes Expertengremium am grünen Tisch über Genehmigungen
zu Probebohrungen entscheiden wird, sondern die Behörden in den
Ländern. Heute gilt zwar ein politisches Moratorium fürs Fracken,
zugleich aber ist nahezu alles erlaubt. Das Risiko, dass sich jetzt
ein Förderunternehmen das Recht auf Fracking vor Gericht einklagt -
und zwar ohne Prüfung der Umweltauswirkungen - muss endlich beseitigt
werden.
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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
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