Mittelbayerische Zeitung: Nicht mehr sexy / Rot-Grün wurde in Bremen arg gerupft. Doch neben den beiden Verlierern gibt es einen großen Gewinner. Leitartikel von Reinhard Zweigler
Geschrieben am 10-05-2015 |
Regensburg (ots) - Es bleibt alles anders in Bremen, dem kleinsten
und zugleich hoch verschuldeten Bundesland, das gestern mit nur
magerer Beteiligung eine neue Bürgerschaft wählte. Gewiss wird es
weiterhin vom bodenständigen SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen regiert
werden. Einem Mann, der innerhalb seines Landes nicht groß auffällt
und außerhalb kaum gekannt wird. Dass er vor fünf Jahren für ein paar
Wochen den zurückgetretenen Horst Köhler als deutsches
Staatsoberhaupt vertrat, hat daran nichts geändert. Unauffälligkeit
und Unaufdringlichkeit, wie sie der Bremer Regierungschef an den Tag
legt, sind offenbar Tugenden, die im Norden geschätzt werden. Wenn
auch heute vielleicht nicht mehr so sehr wie früher. Die
Sozialdemokraten bestimmen die Geschicke an der Weser seit sieben
Jahrzehnten. Das ist sogar noch länger, als es die Christsozialen
bislang in Bayern schafften. Doch Böhrnsens rot-grünes
Regierungsbündnis bekam jetzt einen herben Dämpfer verpasst. Weil
sowohl die sieggewohnten Bremer Sozialdemokraten als auch die Grünen
kräftig Federn lassen mussten, könnte nun die kuriose Situation
eintreten, dass ausgerechnet die beiden Wahlverlierer in der
Hansestadt weiter regieren können. Bremen bestätigt damit, was auch
im Bund seit geraumer Zeit Trend ist: Rot-Grün ist nicht mehr sexy.
Und will die SPD wirklich wieder einmal den Kanzler stellen, dürfte
sie nicht nur einen, sondern gleich zwei Partner brauchen. Aber weder
ein Dreierbündnis unter Einschluss der Linken noch eines mit den
offenbar wiedererstarkenden Liberalen wäre eine wirkliche
Macht-Option für Gabriel, Nahles, Steinmeier und Co. Die SPD steckt
in einer Zwickmühle. Das nicht berauschende Abschneiden der CDU
hingegen war im Berliner Konrad-Adenauer-Haus bereits vor dem
Urnengang an der Weser eingepreist. Mit einer zur Spitzenkandidatur
gedrängten Elisabeth Motschmann, die keinen wirklich zündenden
Gegenentwurf zum Weiter-so der Bremer SPD zu bieten hatte, bleiben
für die Christdemokraten wahrscheinlich wieder nur die harten
Oppositionsbänke. Das ist invielen bayerischen Großstädten übrigens
nicht anders. Und beide C-Parteien haben kein Rezept dagegen. Hinzu
kommt im Norden, dass die ausländerkritische AfD im Lager der
Konservativen wildert. In Bremen gesellt sich obendrein noch die
Wählervereinigung Bürger in Wut hinzu, die über Bremerhaven den
Einzug ins Länderparlament geschafft haben könnte. Die Gegnerschaft
von Rechts, von Euro- und ausländerkritischen bis offen
rechtsextremen Parteien macht es den Unionsparteien in Deutschland
auch nicht leicht. Die alles überragende Beliebtheit von Kanzlerin
Angela Merkel überdeckt dieses Problem jedoch. Und für diejenigen in
der CDU, die nach 2017 im Bund allen Ernstes mit Schwarz-Grün
liebäugeln, dürfte nun klar sein, mit schwachen Grünen, die sich in
vielen Fragen als Fundamentalopposition gerieren, ist kein Staat zu
machen. Vor dieser Gemengelage kommt das Abschneiden der
Freidemokraten fast wie eine politische Wiederauferstehung daher.
Bereits in Hamburg hat die neuformierte Partei von Christian Lindner
mit einer jungen flotten Spitzenfrau den Einzug in die Bürgerschaft
geschafft. In Bremen gelang dies nun nach vierjähriger
Parlamentsabstinenz. Und sollte sich die AfD bundesweit weiterhin so
zerlegen, wie sie das bisher tut, dann könnte das die Liberalen
weiter beflügeln. Die schwarz-rote Koalition tut ohnehin das Ihrige
dafür, dass die totgesagte FDP wieder quicklebendig aus der Gruft
springen könnte. Angela Merkel wäre vermutlich nicht böse darüber.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
566829
weitere Artikel:
- RNZ: Die Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg zur Studie über Kinderarmut Heidelberg (ots) - "Kinder aus armen Familien sind von der
sozialen Teilhabe ausgeschlossen, erleben Mangel als Alltag in
ghettoisierten Stadtvierteln. Sie lernen, dass sich Anstrengung nicht
lohnt. Viele sind heute schon die Verlierer von morgen. Wie sollen
aus ihnen Bürger werden, die sich später für das Gemeinwohl
einsetzen?"
Pressekontakt:
Rhein-Neckar-Zeitung
Dr. Klaus Welzel
Telefon: +49 (06221) 519-5011 mehr...
- Berliner Zeitung: Kommentar zur Bremer Landtagswahl: Berlin (ots) - Sind es auch nur wenig über zehntausend Stimmen,
die hier für die FDP zum Einzug ins Parlament gereicht haben - doch
auch die müssen erst einmal gewonnen werden, und sie stärken das
Selbstbewusstsein der ganzen Partei. Die Stimmungslage für die FDP
hat sich insgesamt gedreht. Mehr als die Hälfte der Wähler denken
inzwischen, dass sie eine zweite Chance verdient habe.
Pressekontakt:
Berliner Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 (0)30 23 27-61 00
Fax: +49 (0)30 23 27-55 33
bln.blz-cvd@berliner-zeitung.de mehr...
- Rheinische Post: Erdogan polarisiert
Kommentar Von Godehard Uhlemann Düsseldorf (ots) - Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip
Erdogan weiß als Volkstribun, wie man mit zündenden Parolen Massen
begeistert. Das mag ihn und die Seinen mit Genugtuung erfüllen. Doch
Erdogan polarisiert mit seinen Auftritten auch. Er legt es drauf an
und reizt den politischen Gegner zur Weißglut. Opposition mag er
nicht, eine kritische Presse schon gar nicht. Erdogan ist sich selbst
genug. Die Türken wählen am 7. Juni ein neues Parlament. Als
Staatspräsident sollte Erdogan über dem Wahlkampfgezänk der Parteien
stehen. mehr...
- Rheinische Post: Eltern auf die Straße
Kommentar Von Horst Thoren Düsseldorf (ots) - Der Witz ist einfach gut: "Probleme mit dem
Kitastreik?" Die junge Mutter winkt ab. "Nein, nein, mein Mann ist
Lokführer." Die Realität sieht anders aus. Einen Tag, nachdem sie mit
Blumen und kleinen Geschenken bedacht wurden, holt die Kita-Mütter
der Ernst des Lebens wieder ein. Wohin mit den Kleinen, wenn die
Betreuer in der Kindertagesstätte streiken? Manchmal kann Oma helfen,
ab und an springt eine Nachbarin ein, seltener bieten Firmen
Mutter-und-Kind-Büros an. Die Angebote an Notplätzen reichen nicht
aus. Kinder mehr...
- neues deutschland: Ex-Botschafter Avi Primor lehnte Annäherung zwischen Israel und Deutschland ursprünglich ab Berlin (ots) - Der frühere Botschafter Israels in Deutschland Avi
Primor stand der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik und Israel vor 50 Jahren anfangs ablehnend gegenüber.
"Für mich war Deutschland ein Land, mit dem es keine Beziehung geben
dürfte", sagt er in einem Interview für die überregionale
Tageszeitung "neues deutschland" (Dienstagausgabe). "Ich war der
Ansicht, dass man einen ewigen Bann gegen Deutschland verhängen
sollte. Ich begriff nicht, dass die Aufnahme diplomatischer
Beziehungen in unserem mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|