Weser-Kurier: Über die Probleme der EU schreibt Moritz Döbler:
Geschrieben am 12-07-2015 |
Bremen (ots) - Die europäische Idee, die über Jahrzehnte die
deutsche, aber auch die französische und die italienische Politik
bestimmt hat, stößt an ihre Grenzen. Vordergründig geht es um
Griechenland und die Frage, wie dieses abgewirtschaftete, bankrotte,
von Korruption und Staatsversagen geprägte Land eine gute Zukunft
findet. Dabei ist die Dimension des Problems überschaubar:
Griechenland verfügt über weniger Wirtschaftskraft als Niedersachsen,
und seine Schulden belaufen sich auf nicht mal ein Drittel der
Schulden Spaniens. Seit fünf Jahren wird in Athen und Brüssel daran
herumgedoktert, aber die Lage wurde nicht besser, sondern schlechter.
Nun scheinen Reformen und ein weiteres Hilfspaket absehbar zu sein.
Ausreichen wird das nicht. Denn damit es besser wird, müssen
Unternehmer in Griechenland investieren - aber wem wollte man
ernsthaft dazu raten? Die Debatte über den richtigen Weg spaltet die
großen europäischen Nationen. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi
attackiert Deutschland ("Jetzt reicht es"), der französische
Präsident François Hollande agiert freihändig, und Bundeskanzlerin
Angela Merkel wartet ab. Griechenland ist nicht das einzige Thema, in
dem es so läuft - auch auf den Zustrom der Flüchtlinge findet die EU
keine gute Antwort. "Wenn dies eure Idee von Europa ist, dann könnt
ihr sie behalten", sagte wiederum Renzi, der Italien durch eine
gemeinsame Quotenregelung entlasten wollte und Solidarität
einforderte. Die europäische Idee - was bleibt davon, wenn die
europäischen Institutionen unfähig sind, die großen Probleme zu
lösen? Die Währungsgemeinschaft funktioniert dabei noch am besten,
der Euro ist nach wie vor stark. Aber die gemeinsame Vorstellung, wie
sich die EU politisch entwickeln sollte, fehlt, und sie wäre auch gar
nicht opportun. Solange ein Austritt der Briten möglich erscheint,
will niemand die europäische Einheit forcieren. Die Angst vor der
eigenen Courage hemmt die Entwicklung. Nun haben die EU und ihre
Vorläufer meist in krisenhaften Momenten große Entwicklungsschritte
gemacht. Doch noch fehlen jegliche Anzeichen, dass es auch diesmal so
sein könnte.
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