Neue Westfälische (Bielefeld): CDU-Parteireform
Dilemma
CARSTEN HEIL
Geschrieben am 17-08-2015 |
Bielefeld (ots) - Es ist ja richtig. Eine große Partei, die den
Anspruch hat, Volkspartei zu sein, muss ihre eigene Organisation
schlank halten, muss attraktiv sein, was Mitbestimmung und
Gestaltungsmöglichkeiten betrifft, und sie muss es den Menschen so
leicht wie möglich machen, aktiv zu werden. Das reicht aber nicht.
Nach Jahren der Stagnation versucht CDU-Generalsekretär Peter Tauber
für seine Partei, die Organisation neu zu organisieren. Richtig mutig
ist der Wurf jedoch nicht geworden. Das geht schon aus dem Titel
hervor. "Meine CDU 2017 - Die Volkspartei" heißt die Überschrift.
Sicherlich, in der schnelllebigen Zeit kann kaum ein Entwurf
gelingen, der die kommenden zehn Jahre überspannt. Aber "Meine CDU
2017"? Erst im Dezember dieses Jahres soll ein Parteitag darüber
endgültig abstimmen. Dann ist es fast 2016, und die neue Struktur
soll demnach nur ein gutes Jahr gelten. Die CDU hat das Problem aller
großen Organisationen. Sie verliert Mitglieder, büßt Bindungskraft
ein und neue Freunde zu gewinnen gelingt allenfalls unverbindlich auf
Facebook. Daran wird Tauber durch die Parteireform nichts ändern.
Denn es ist ein grundsätzliches Phänomen, dass Menschen sich nicht
mehr dauerhaft mit einer Institution identifizieren. Schon vor zehn
Jahren stellte die Shell-Jugendstudie fest, dass junge Menschen sich
zwar engagieren, aber meist nur in zeitlich befristeten Projekten,
nicht dauerhaft für Parteien. Diese Jugendlichen sind inzwischen im
parteifähigen Alter. Doch die Skepsis gegenüber grundsätzlichen
Überzeugungen bleibt. Deshalb sind nicht die Fragen entscheidend,
wann Gremiensitzungen anfangen, ob die Mitglieder bei der Aufstellung
von Kandidaten gefragt werden oder wie hoch der Beitrag ist.
Wichtiger ist, dass eine Partei inhaltliche Positionen hat, die ein
Mitglied guten Gewissens vertreten kann. Genau da ist jedoch das
Dilemma aller Parteien - auch der CDU. Es gibt das einheitlich
konservative oder fortschrittliche Denken nicht mehr. Wer der CDU in
Wirtschaftsfragen folgt, mag sich mit deren Moralpositionen gar nicht
identifizieren. Und das ist nur ein Beispiel. Die Zeit der
Volksparteien geht zu Ende, weil die Gesellschaft zu unterschiedlich
geworden ist.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
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