Rheinische Post: Kommentar: Personen statt Parteien
Geschrieben am 13-09-2015 |
Düsseldorf (ots) - Die Wahlen von 177 (Ober-)Bürgermeistern und
Landräten an Rhein und Ruhr senden eine unmissverständliche Botschaft
an die Parteien: Es gibt keine Botschaft. Persönlichkeiten bestimmen
den Ausgang, weniger die Parteien. Die klassischen Bindungen nehmen
weiter ab. Gewählt wird, wer gefällt. So regiert im tiefschwarzen
Neuss erstmals seit der Stadtgründung im 12. Jahrhundert ein
Sozialdemokrat. Der bisherige SPD-Vizebürgermeister Reiner Breuer,
ein 46-jähriger Jurist, der im Wahlkampf mit Forderungen nach mehr
Grün, öffentlichen Trinkbrunnen und Radschnellwegen auf sich
aufmerksam machte, schlug den 68-jährigen, jovial-harmlosen
CDU-Versicherungsexperten Thomas Nickel. Nickel wirkte kaum wie ein
Aufbruchsignal an eine boomende Stadt. Ein politischer Farbwechsel?
Eher nicht, wie das starke Ergebnis des CDU-Landrats bei der
Kreiswahl belegt. In Leverkusen, einer Stadt mit historisch
ausgeprägter Wechselstimmung, zog der originell auftretende
Mode-Einzelhändler Uwe Richrath (SPD) ins Rathaus ein. Ach ja, im
katholischen Wallfahrtsort Kevelaer sitzt künftig ein
Strafverteidiger mit SPD-Parteibuch im Chefsessel des Rathauses, das
bei einer Sanierung unlängst bereits eine rote Farbe bekam. Dafür
mussten die Sozialdemokraten im Ruhrgebiet deutlich Federn lassen. In
Oberhausen, fast 60 Jahre lang SPD-dominiert, übernimmt ein
CDU-Politiker. In Essen hat der smarte CDU-Landtagsabgeordnete und
Armin-Laschet-Vertraute Thomas Kufen eine Chance, auch in der
Stichwahl zu gewinnen. Die Bundesstadt Bonn wird nach 20 Jahren
wieder von einem Christdemokraten regiert. Ashok Sridharan heißt der
Mann. Typisch CDU eben. Eine parteipolitische Routinewahl war es also
nicht. Faseln die Landesvorsitzenden Hannelore Kraft und Armin
Laschet heute von Rückenwind für ihre Parteien, glauben Sie ihnen
nicht. Der politische Wind in Städten und Kreisen hat sich mal so,
mal so gedreht.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
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