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Börsen-Zeitung: Den Wechsel wagen, Kommentar zu VW von Carsten Steevens

Geschrieben am 22-09-2015

Frankfurt (ots) - Sollte Martin Winterkorn die Verantwortung für
"die schlimmen Fehler einiger weniger" Mitarbeiter übernehmen, die
seit dem Wochenende Europas größten Autobauer erschüttern, die nach
Meinung des Vorstandsvorsitzenden aber nicht die harte und ehrliche
Arbeit von 600.000 Menschen im Volkswagen-Konzern unter
Generalverdacht stellen dürfen? Sollte der 68-Jährige wegen des
jahrelangen Täuschens bei Emissionstests von Dieselfahrzeugen, das
kurz vor dem vergangenen Wochenende auf Druck unerbittlicher Behörden
in den USA aufgeflogen ist, von seinem Posten zurücktreten? Die
Antwort kann nur lauten: Ja.

Das Ausmaß der leichtsinnig zugelassenen Katastrophe ist für den
Wolfsburger Dax-Konzern nicht absehbar. Um gut ein Drittel ist der
Aktienkurs von Volkswagen allein in zwei Tagen abgesackt. War es das?
Rund 6,5 Mrd. Euro will Volkswagen für die Bewältigung der Krise
zurückstellen. Reicht das? Dass sich das Ergebnisziel 2015 nicht mehr
halten lässt, ist weniger interessant als die Frage, wann denn der
negative Nachrichtenfluss für VW enden wird. Die drohenden
aufsichtlichen Strafen, der Umfang möglicher Sammelklagen von Kunden
und Regressforderungen von Aktionären dürften sich noch ziemlich
lange nicht genau abschätzen lassen. Und die manipulierende Software
wurde offenbar nicht nur bei knapp 500.000 Fahrzeugen in Amerika
eingesetzt. Sie führte weltweit bei elf Millionen Dieselfahrzeugen zu
auffälligen Differenzen zwischen Abgasprüfwerten und tatsächlichem
Fahrbetrieb. Ein Desaster.

Schon heute lässt sich sagen, dass der Schaden zu groß ist, den
Volkswagen sich selbst, aber auch der gesamten, für Deutschland so
eminent bedeutsamen Automobilwirtschaft zugefügt hat. Zu groß, um es
bei Strafen für einige wenige "Manipulateure" zu belassen. Für den
VW-Konzern, der in Deutschland in vorderster Reihe für Produkte mit
dem weltweit geachteten Gütesiegel "Made in Germany" steht, ist der
Manipulationsskandal ein Super-GAU. Dass sich das Unternehmen nun
schnell und offen um Aufklärung bemüht, ist alternativlos. Doch die
finanziellen Belastungen könnten leichter zu verkraften sein, als es
dem Konzern gelingen wird, das rund um den Globus verloren gegangene
Vertrauen wiederherzustellen.

Das Unternehmen Volkswagen, dessen Erfolg auf der hohen Qualität
seiner Fahrzeuge beruht, muss die Konsequenzen aus dieser tiefen
Vertrauenskrise an der Führungsspitze ziehen. Der Konzern sollte nach
dem Abgang des Patriarchen Ferdinand Piëch den Umbruch nun auch auf
dem Chefposten wagen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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