Weser-Kurier: Über das Versagen des Westens in Syrien schreibt Joerg Helge Wagner:
Geschrieben am 05-10-2015 |
Bremen (ots) - Bravo, liebe "westliche Wertegemeinschaft", das
haben deine Führungskräfte prima hinbekommen: In Syrien bombardiert
nun der russische Autokrat Putin vornehmlich die pro-westlichen
Rebellen, während der türkische Autokrat Erdogan vornehmlich
kurdische Stellungen angreifen lässt - gerne auch im Irak. Beide
sagen natürlich, dass sie vor allem die Schlächter des Islamischen
Staates zurückdrängen wollen. Doch dummerweise sind syrische Rebellen
wie kurdische Milizen bislang die einzigen Bodentruppen im Kampf
gegen die islamistische Terrortruppe. Und noch dümmerer Weise nutzen
die russisch-türkischen Luftangriffe nicht nur dem IS, sondern vor
allem der mörderischen Diktatur des Assad-Clans. Vor dessen Folterern
und Fassbomben fliehen Millionen Menschen, vornehmlich zu uns. Sie
tun das mit jedem Recht der Welt, denn es ist das außenpolitische
Versagen Europas und der USA, das die Lage in Syrien erst völlig
eskalieren ließ. Ohne Konzept und mit viel Konfusion wurde
herumgedoktert. Man redete von roten Linien und Flugverbotszonen -
erkennbar ohne jeden Willen, diese auch robust durchzusetzen. Das
aber wäre die erste, notwendigste Maßnahme, um Assads Massaker am
eigenen Volk wenigstens zu bremsen - und damit auch die
Flüchtlingsströme, zumindest jene aus diesem Krisenherd. Dass sich
nun auch noch russische und türkische Kampfjets ins Gehege kommen und
gegenseitig mit Abschuss bedrohen, ist ein Treppenwitz mit enormer
Sprengkraft: Im Wiederholungsfall lassen sich die russischen
Luftraumverletzungen über der Türkei auch als Angriff auf einen
Nato-Partner werten. Das würde das Desaster perfekt machen: Zwei
autoritäre Staatschefs wollen den Terrorismus bekämpfen, bringen aber
schließlich den Planeten an den Rand eines neuen Weltkrieges. Ja, man
muss Putin einbinden - das heißt aber nicht, ihn einfach machen zu
lassen. Ja, man muss mit Assad reden - aber nur über die Modalitäten
seines Abgangs ins Exil. Vor allem aber muss man endlich wirksam jene
unterstützen, auf die man danach setzen will - damit Syrien eben
nicht zu einem zweiten Afghanistan wird.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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