Börsen-Zeitung: US-Zinswende vertagt, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 09-10-2015 |
Frankfurt (ots) - Nun also auch noch der Internationale
Währungsfonds (IWF). Nachdem sich schon diverse Analysten aus Banken
sowie Wirtschaftsforschungsinstitute zu den Gefahren, die aus einer
Konjunkturabkühlung Chinas resultieren (können), geäußert und ihre
Prognosen zu Wachstum, Inflation und Markt- und Leitzinsen für dieses
und insbesondere für das kommende Jahr zurückgeschraubt haben,
schlägt nun auch der IWF in diese Kerbe. Die internationalen Folgen
der Konjunkturabkühlung in China scheinen größer als erwartet, räumte
der Chefvolkswirt des IWF, Maurice Obstfeld, in der gerade zu Ende
gegangenen Woche ein. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte schon vor
einiger Zeit auf die Gefahren für Konjunktur und Finanzmärkte
aufmerksam gemacht, die von den Börsenturbulenzen und schwächeren
wirtschaftlichen Aktivität im Reich der Mitte ausgehen. Und sie hatte
den US-Notenbankern auch die Empfehlung gegeben, dass man mit der
Leitzinswende noch ein wenig warten sollte.
Die Prognosen des IWF zum weltweiten Wachstum wurden nach unten
korrigiert. Weltweit wird jetzt noch mit einer Wachstumsrate des
Bruttoinlandproduktes (BIP) in diesem Jahr von 3,1 Prozent gerechnet
nach bislang veranschlagten 3,3 Prozent. Für 2016 wird noch von einer
BIP-Zunahme von 3,6 Prozent nach zuvor prognostizierten 3,8 Prozent
ausgegangen. Die USA werden nach Einschätzung des IWF in diesem Jahr
etwas stärker wachsen, als bisher angenommen. Die Prognosen für das
BIP-Plus wurden von 2,5 Prozent auf 2,6 Prozent angehoben, für 2016
aber wieder nach unten korrigiert, und zwar von 3,0 Prozent auf 2,8
Prozent. In der Eurozone wird ein unverändertes Plus beim BIP von 1,5
Prozent für dieses Jahr in Aussicht gestellt, 2016 werden aber nur
noch 1,6 Prozent nach zuvor 1,7 Prozent erwartet. Die Anpassungen
sind gewiss nicht dramatisch, zeigen per Saldo aber, in welche
Richtung es geht, und zwar nach unten.
Das ist zweifelsohne nicht der Stoff, aus dem die
(Leit-)Zinsträume so manchen Anlegers gemacht sind. Viele
Marktteilnehmer hatten damit gerechnet, dass die US-Notenbank Fed nun
schon im September reagiert und erstmals seit der Finanzkrise die
Zinsen anhebt. Aber auch daraus wurde wieder einmal nichts. Die Fed
selbst hat auch die Konjunkturgefahren, die aus China kommen, erkannt
und vertagte ein weiteres Mal die Zinswende. Der schwache
US-Arbeitsmarktbericht für September bescheinigt der
Beschäftigtensituation in den USA zwar nun nicht, dass es bergab
geht. Aber es ist wieder einer dieser Mosaiksteine, auf die die
Verantwortlichen in den Reihen des Fed-Offenmarktausschusses gerne
schauen: Der Arbeitsmarkt muss nicht nur robust genug sein, um eine
Zinsanhebung verkraften zu können, sondern er muss auch in einer
nachhaltig soliden Verfassung sein, damit es zur Zinswende kommen
kann. Genau dieser "Nachhaltigkeitsaspekt" könnte durch den
September-Arbeitsmarktbericht wieder "gestört" sein, so dass die
Anleger wohl auch für Oktober einen Haken an den Zinsschritt machen
können.
Das nun prognostizierte schwächere Wachstum wird nicht gerade den
Boden bereiten für kräftig anziehende Preise. Das bedeutet: Wenn sich
eine Wachstumsabschwächung bewahrheiten sollte, ist kaum mit einer
Beschleunigung des Inflationstempos zu rechnen. Dass die Zinswende in
den USA weiter vertagt wird, sollte man zumindest als wahrscheinlich
einstufen.
Schwächeres Wachstum, eine Inflation, die am Boden vor sich hin
dümpelt und in die Deflation abzurutschen droht sowie internationale
Zentralbanken - allen voran Fed und Europäische Zentralbank (EZB) -,
die die Leitzinsen nicht von der Nulllinie wegbekommen, sind alles
andere als Gründe für höhere Renditen an den Bondmärkten.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Renditeprognosesenkung
von Steven Major, renommierter Zinsanalyst der britischen HSBC Bank.
Major erwartet für die zehnjährige Bundrendite Ende 2016 noch ein
Niveau von 0,2 Prozent nach bislang veranschlagten 0,95 Prozent. Auch
die US-Staatsanleiherenditen sieht er im Sinkflug. Die
Zehnjahrespapiere sieht er von gut 2 Prozent auf 1,5 Prozent
absacken. Dann wäre wieder alles auf Rekordtief.
Major begründet seine Prognose unter anderem mit der Erwartung
einer Ausweitung des Anleihekaufprogramms der EZB. Niedrigere
Bondrenditen würden auch die US-Sätze nach unten ziehen. Aber er gibt
auch noch eine ganz andere Einschätzung ab, die man vermutlich in
Zukunft häufiger lesen oder hören wird. Mit Blick auf eine
Fed-Zinsanhebung meint Major, dass es hierfür bereits zu spät sein
könnte. Der Grund: Der Beginn der nächsten Rezession könnte näher
sein, als das Ende der vorigen Rezession von uns entfernt ist. Recht
hat er.
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