Thüringische Landeszeitung: Schweigen zu Gewalt - Pegida hat mit Wende-Idealen nichts zu tun / Leitartikel von Norbert Block zum Pegida-Jahrestag in Dresden
Geschrieben am 20-10-2015 |
Weimar (ots) - Dresden ist seit einem Jahr die
Demonstrations-Hauptstadt Deutschlands. Wo Pegida einst mit 300
Menschen anfing, folgen etwa 20 000 dem Ruf auf die Straßen.
Die Pegida-Demonstranten von Anfang an als Rechtsextremisten abzutun,
war ein Fehler. Die Politik hat es nicht vermocht, zwischen
Scharfmachern und Neonazis auf der einen Seite und von der Politik
enttäuschten Menschen, die sich nicht mehr verstanden wissen, zu
unterscheiden. Letztere wieder zum Dialog mit den etablierten
Parteien und gesellschaftlichen Gruppen einzuladen, ist eine große
Herausforderung.
Pegida muss sich vorwerfen lassen, mit ihren Parolen Einzelne zu
Gewalttaten gegen Flüchtlingsheime und zuletzt zum Anschlag auf die
Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker in Köln animiert zu
haben. Wo bleibt die deutliche Distanzierung von solchen Gewalttaten?
Pegida-Organisator Lutz Bachmanns Schweigen zu diesem Thema spricht
Bände.
Geradezu grotesk wirken zudem die wendebewegten Sprechrufe "Wir
sind das Volk!" Denn im gleichen Atemzug riefen die Menschen vor 26
Jahren auch "Keine Gewalt!". Klar ist: Pegida hat nichts, aber auch
gar nichts mit den Idealen der Demonstranten von damals, die die
friedliche Wende herbeiführten, zu tun. Lediglich, dass solche
Demonstrationen erst durch die Wendebewegten ermöglicht wurden.
Die vielen Gegendemonstranten in Dresden haben gezeigt, dass sie
Pegida die Straße nicht alleine überlassen wollen. Das breit
aufgestellte Bündnis von Parteien, Kirchen und Verbänden muss aber
aufpassen, dass linke Scharfmacher nicht zur Eskalation beitragen.
Gesunder Menschenverstand ist jetzt gefragt.
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de
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