(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Koalitionseinigung zu Flüchtlingen geplatzt Merkels Optionen THOMAS SEIM

Geschrieben am 01-11-2015

Bielefeld (ots) - Die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik ist die
mächstigste politische Kraft in Deutschland. Wo ihre Argumente nicht
wirken, hat sie nach dem Grundgesetzartikel 65, Satz 1, das Recht,
ihre Minister per Richtlinienkompetenz zu einer bestimmten Politik zu
zwingen. Ausgelegt auf den Koalitionsgipfel bedeutet das: Angela
Merkel müsste ihren Wirtschaftsminister Gabriel anweisen, alle
wesentlichen Vorbereitungen für den sofortigen Aufbau von
Transitzonen zu treffen, wie der Vorsitzende ihrer Schwesterpartei
CSU, Horst Seehofer, es fordert. Das hülfe nicht dem Koalitions-,
aber dem Unionsfrieden. Warum also weits die Kanzlerin Gabriel nicht
einfach an? Womöglich wäre dann die Koalition am Ende, weil Gabriel
und die SPD sie verlassen würden. Aber Merkel fehlen nur wenige
Stimmen zu einer absoluten Mehrheit - die würden sich sicher finden
lassen. Tatsächlich ist die Kanzlerin aus zwei Gründen dem CSU-Chef
nicht nah. Einer davon ist, dass sie von dem Augenblick an, in dem
sie Seehofer folgt und die SPD ausscheidet, eine "lame duck", eine
lahme Ente wäre. Sie hätte das Gesetz des Handelns nicht länger in
den eigenen Händen. Ihre Kanzlerschaft ginge zur Neige, ihre Union
würde die Errungenschaften ihrer Kanzlerschaft rückgängig machen. Es
wäre der Anfang vom Ende Merkels. Historisch bliebe dank Seehofer
nichts übrig von der Kanzlerin. Der zweite, viel wichtigere Grund
lautet: Merkel hält ihre eigene Flüchtlingspolitik für richtig. Sie
hat als Naturwissenschaftlerin logisch analysiert, dass sie mit jeder
Andeutung über eine Grenzschließung die Botschaft nach Syrien und in
die Türkei sendet, dass Flüchtlinge sich beeilen müssen, um eine
letzte Chance zu nutzen. Es würde alles nur dramatischer. Daraus
entwickelt sich die entscheidende Frage für Merkels Handeln: Muss sie
einräumen, dass die Obergrenze der Aufnahmekapazität erreicht ist?
Das wäre sachlich falsch und würde dazu Europa in die Krise stürzen,
womöglich zerfallen lassen. Außerdem gibt es ein praktisches Problem:
Was geschieht im Nachbarland, wenn Deutschland zwei Wochen lang
10.000 Flüchtlinge pro Tag abweist? Kann man dann Mord und Totschlag
an Grenzen verhindern? Wie lange wird man das mitansehen können? Aus
dieser Analyse bleibt Merkel nur der Versuch, über Hilfen für die
Türkei sowie Griechenland eine Lösung zu finden. Das erklärt ihr
Handeln. Für Seehofers Sondersituation und die Lösung auf dessen
Parteitag im November ist da nicht viel Platz. Logisch analysiert.
Die Zukunft der Koalition und Merkels indes hängt davon ab, ob
Seehofer sich auf diese Logik zwingen lässt. Gestern Abend stand er
zunächst ohne greifbaren Erfolg da.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

578727

weitere Artikel:
  • Das Erste, Montag, 2. November 2015, 5.30 - 9.00 Uhr Gäste im ARD-Morgenmagazin Köln (ots) - 7.05 Uhr, Stephan Mayer, CSU, Innenpolitischer Sprecher CDU/CSU-Fraktion: Thema: Koalitionstreffen Flüchtlinge 7.35 Uhr, Hubertus Heil, stellv. Fraktionsvorsitzender SPD, Thema: Transitzonen 8.05 Uhr, Cem Özdemir, Bundesvorsitzender Bündnis90/Die Grünen, Thema: Wahlen in der Türkei Pressekontakt: WDR Presse und Information, Annette Metzinger, Tel. 0221-220-7120 Agentur Ulrike Boldt, Tel. 02150 - 20 65 62 mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Kostbare Zeit verschenkt - Leitartikel zur Flüchtlingsdebatte Ravensburg (ots) - Es ist ein schlechtes Bild, das die Große Koalition gerade abgibt. Das Thema könnte drängender nicht sein, doch es gibt weiter keine konkreten Ergebnisse, lediglich eine mühsame Annäherung zwischen Seehofer und Merkel. Horst Seehofer hatte die Bedenken der Bürger in ein Ultimatum an die Kanzlerin umgewandelt. Er fordert den großen Wurf, die Begrenzung der Flüchtlingszahlen, und das sofort. SPD-Chef Sigmar Gabriel wiederum saugt aus dem Streit innerhalb der Union Honig für seine Partei. Er beschwört die Regierungskrise, mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Die "Märkische Oderzeitung" in Frankfurt (Oder) schreibt zu Kriminalität/Tötung/Mohamed Frankfurt/Oder (ots) - Das entscheidende Video, auf dem der Täter identifiziert wurde, stammt aus privatem Bereich, von einem Wirt, der offenbar seine Kneipe von außen im Blick haben wollte. Was nicht zulässig ist, denn es dürfe nur der unmittelbar private Bereich gefilmt werden und nicht der öffentliche. Gegen den Wirt ist deshalb von einer Privatperson Beschwerde beim Datenschutzbeauftragten eingegangen. Sollte es zu einer Bestrafung des Wirtes kommen, hätte das wohl einen Sturm der Empörung zur Folge. Zu recht. ## Pressekontakt: mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Der Abgehobene - AKP-Wahlsieg befriedet die Türkei nicht / Kommentar von Axel Zacharias zum Ergebnis der Parlamentswahlen in der Türkei Weimar (ots) - Recep Tayyip Erdoğan war einst die Hoffnung der Türkei, denn er stabilisierte das Land und mehrte den Wohlstand auch für einfache Bürger. Doch er wandelte sich zu einem autoritär regierenden Staatslenker, dem Freiheitsrechte im Grunde nichts gelten. Inzwischen werden Kritiker verhaftet, eingesperrt, mundtot gemacht, mit Prozessen überzogen. Das zarte Pflänzchen eines beginnenden Versöhnungsprozesses mit den Kurden trat Erdoğan mit Militärstiefeln in den Dreck, weil es seinen Wahlkampfinteressen mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Umfaller Seehofer - Der Flüchtlingsstrom bleibt unbegrenzt / Leitartikel von Bernd Hilder zur Koalitionskrise in Berlin wegen der Flüchtlingsproblematik Weimar (ots) - Wo Sigmar Gabriel mal recht hat, hat er recht. Im Positionspapier von CDU und CSU zur Flüchtlingsfrage steht inhaltlich viel Merkel und sehr wenig Seehofer. So werden zwar Transitzonen für Flüchtlinge gefordert, aber keine einzige Maßnahme, die kurz- oder mittelfristig zu einer Eindämmung des Flüchtlingsstroms führen könnte. Von Notwehrmaßnahmen Bayerns ist keine Rede mehr. So können jetzt auch mit dem Segen Seehofers jeden Tag Flüchtlinge in der Größenordnung einer Kleinstadt einreisen. Jedes deutliche Signal an mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht