Börsen-Zeitung: Alles außer Ketchup, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 27-11-2015 |
Frankfurt (ots) - Das große Finale - so nennt die Commerzbank in
ihrem wöchentlichen Zinsausblick das Ereignis, das den
internationalen Finanzmärkten in der neuen Handelswoche ins Haus
steht. Am Donnerstag wird Mario Draghi, Präsident der Europäischen
Zentralbank (EZB), vor die Presse treten und der Öffentlichkeit die
bislang größte Shoppingtour seines Hauses in Sachen Bonds ankündigen.
Die Erwartungen, die die Marktteilnehmer an ihn stellen, sind hoch.
Aber bislang hat es Draghi in Sachen Quantitative Easing (QE) - wie
die unkonventionellen Maßnahmen der Geldpolitik genannt werden -
immer wieder geschafft, auch die kühnsten Erwartungen noch zu
übertreffen. So wird es wohl auch dieses Mal sein. Eine Enttäuschung
können sich Draghi und Co. einfach nicht leisten.
Doch was erwarten die Märkte jetzt eigentlich schon? Eine
Ausweitung von QE gilt als ausgemachte Sache. Wie wird diese
Ausweitung aussehen? Die Marktakteure gehen davon aus, dass die seit
März dieses Jahres laufenden Staatsanleihekäufe zeitlich ausgedehnt
werden. Bislang sollten die Käufe bis September 2016 laufen. Damit
einhergehen könnte, dass eine Verlängerung um ein oder zwei Jahre
kommuniziert wird. Die EZB könnte sich aber auch dafür entscheiden,
noch einen Schritt weiter zu gehen, wie die Zinsstrategen der
Commerzbank aufzeigen. Die EZB könnte erklären, dass die Käufe jetzt
einfach "so lange wie nötig" erfolgen.
Des Weiteren gehen die Marktteilnehmer von einer volumenmäßigen
Erhöhung aus. Fragt sich nur, wie viel? 500 Mrd. Euro oder doch
besser gleich 1 Bill. Euro? Oder noch mehr? Man darf gespannt sein.
Die Volumenfrage steht auch im Zusammenhang mit der Frage nach der
künftigen Zusammensetzung des Bondkaufprogramms. Welche Anleihen
werden künftig noch gekauft? Das könnten zum Beispiel die Anleihen
unterhalb der Ebene Zentralstaat sein, denn auf der Ebene der
Zentralstaaten und darüber (supranationale Adressen und Agencies)
wird ja schon gekauft. So könnten demnächst Anleihen der deutschen
Länder und entsprechende Papiere in anderen Staaten (Regionen,
Provinzen) gekauft werden. Auch Städte-Bonds und entsprechende
gemeinschaftliche Emissionen (von Ländern etwa) könnten ins
Kaufprogramm aufgenommen werden.
Die EZB könnte auch noch weiter gehen. Die nächsten Assets, die
sie in Angriff nehmen könnte, wären dann Anleihen von staatsnahen
Adressen. Oder sie geht gleich in den Bereich der
Unternehmensanleihen, zunächst "nur" Investment-Grade-Papiere,
verbunden aber mit der Perspektive, dass es später dann auch zu
Käufen in den High Yieldern kommen könnte, die bekanntlich heute
schon auf Rendite-/Marktzinsniveaus handeln, die Otto Normalanleger
vor einigen Jahren noch auf seinem Sparbuch sah.
Doch das ist noch nicht alles. Vermutlich - und davon gehen die
meisten Marktteilnehmer aus - senkt die EZB auch noch den Einlagesatz
weiter in den negativen Bereich ab. Denn sie selbst hat es sich ja
zur Vorgabe gemacht, nur Anleihen bis zur Renditeuntergrenze des
negativen Einlagesatzes (derzeit minus 0,2%) zu kaufen. Am kurzen
Ende der Kurve sind aber schon so viele Anleihen von Eurozonenländern
ins Negative gerutscht, dass diese Grenze schon einen limitierenden
Faktor darstellt - um es mal salopp zu formulieren. Eine weitere
Absenkung verschafft somit neuerlichen "Kaufspielraum". Die
Commerzbank-Experten vermuten, dass vielleicht auch Freibeträge für
die Banken beim Negativzins eingeführt werden und die Banken sich
dann nach Anlageopportunitäten umsehen. Das könnte außerhalb des Euro
sein. Was wären die Effekte? Die Gemeinschaftswährung würde dann
weiter geschwächt werden. Und die Renditen der Anleihen werden bei
einer Ausweitung des Programms nur einen Weg einschlagen, und zwar in
Richtung Keller.
Vielleicht kommt aber auch alles ganz anders, und die bisherigen
Überlegungen der Analystenschar erweisen sich am Donnerstag als
Makulatur, weil die EZB sich ein noch viel größeres Paket und noch
ganz andere Instrumente ausgedacht hat. Dann werden wohl Erinnerungen
an März 2009 wach, als die US-Notenbank mit ihrer
Bond-Shoppingtour-Ankündigung die Finanzmärkte durchschüttelte.
Seinerzeit fassten die Zinsanalysten der Commerzbank das
US-Mega-Bondkaufprogramm der Fed wie folgt zusammen: "Die Fed kauft
alles außer Ketchup." Und mancher Marktteilnehmer fragte sich mit
Verweis auf die Haltbarkeit toxischer MBS (Mortgage Backed
Securities): Wieso eigentlich keinen Ketchup? Mal sehen, ob Draghi
bis zum Ketchup geht.
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