(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Bundestag beschließt Militäreinsatz in Syrien Krieg und Frieden THOMAS SEIM

Geschrieben am 04-12-2015

Bielefeld (ots) - Mit großer Mehrheit hat der Bundestag die
Entsendung der Bundeswehr in den Nahen Osten beschlossen. Wohl etwa
60 Prozent der Bevölkerung stehen hinter diesem Einsatz. Das macht
sehr nachdenklich. Erstmals seit Jahrzehnten schrumpft in der
Bundesrepublik die - nennen wir sie: pazifistische - Grundhaltung,
die uns nach dem Zweiten Weltkrieg und dem sogenannten Kalten Krieg
der Atomrüstung vereinte. Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer
erreichte Höchstwerte, die Friedensbewegung mobilisierte 250.000
Menschen zur Demo im Bonner Hofgarten. Mutmaßlich sind unter den 60
Prozent, die sich heute für die Kriegsbeteiligung in Syrien
aussprechen, viele, die damals auch in Bonn auf die Straße gingen.
Selbst bei den Grünen, die sich gegen die Rüstung damals gründeten,
gibt es heute Ja-Sager zum Syrien-Einsatz. Was ist geschehen mit den
friedensbewegten Deutschen? Es geht Angst um im Land. Der Grund dafür
ist der Terror der angeblich religiös begründeten Verbrecherbande
Islamischer Staat (IS). Die Angst ist berechtigt, das zeigen nicht
nur die Terroranschläge von Paris, sondern auch die Fahndungserfolge,
die Anschläge bei uns bislang verhinderten. Die Angst ist aber auch
irrational. Das konnten wir zuletzt beobachten bei der Absage des
Länderspiels der Deutschen gegen die Niederlande in Hannover. Die
Gefahrenbeurteilung schoss weit über den tatsächlichen Ernst der Lage
hinaus. Dieses Beispiel zeigt ganz gut, wie schwach uns irrationale
Angst macht. Die IS-Verbrecherbande und deren Gefolgsleute schaffen
es, mit ihren Angriffen eine Art von Panik zu erzeugen, ein
Bedrohungsszenario, das unser Handeln hektisch und unüberlegt werden
lässt. Das aber ist genau der Zweck des Terrors. Er funktioniert nur
mit Angst und dem Verlust von Vernunft. Wir stehen mit der
Entscheidung gestern einem Paradoxon gegenüber: Der Terror braucht
diesen Krieg, um die Menschen im Nahen Osten hinter einer
Selbstverteidigungsideologie zu versammeln. Der Terror ist aber genau
deshalb mit Krieg nicht zu besiegen. Eher im Gegenteil: Der Krieg
vergrößert die Terrorgefahr. Wir brauchen den Ausstieg aus den
Automatismen dieser Realpolitik. Die in Deutschland entstandene
Willkommenskultur für Flüchtlinge aus Syrien ist ein Anfang dafür.
Sie setzt dem Terror und der Gewalt das Prinzip "Wandel durch
Annäherung" des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt entgegen. Das
ist ein Weg. Er ist auch dann richtig, wenn am Leben gescheiterte
Ideologen wie Ex-Linken-Chef Lafontaine ihn zu okkupieren versuchen.
Außenminister Steinmeier hat nicht unwesentlichen Anteil daran, dass
die Vater-Staaten des Terrors, die Todfeinde Iran und Saudi-Arabien,
an einem Tisch in Wien über Syrien und die Wege zum Frieden
verhandeln. US-Außenminister Kerry nennt die Gespräche den "Weg aus
der Hölle". Das ist der richtige Weg, nicht Krieg aus Angst. Der
Bundestag hat gestern für eine Kriegsbeteiligung entschieden. Leider!
Die Suche nach einem Neuanfang der Politik, einem "New Deal" mit den
Muslimen, ist damit aber nicht obsolet. Sie ist noch viel drängender
geworden.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

581028

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Länderfinanzausgleich Kleiner Wurf FLORIAN PFITZNER, DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - Norbert Walter-Borjans hatte angekündigt, mehr zu "seehofern" und zu "södern". Wenn man sich den Kompromiss der Länder zu ihren Finanzen ansieht, sticht heraus: Der Umsatzsteuervorwegausgleich fällt flach, ab 2020 soll NRW 1,5 Milliarden Euro direkt einbehalten. Nordrhein-Westfalens Finanzminister hielt also Wort. Auf den zweiten Blick erscheint die Lösung kaum als der große Wurf, als den sie die Landesregierung verkaufen will. Nimmt man die Einnahmen pro Kopf, hat NRW im Vergleich schlechter verhandelt als Bayern mehr...

  • Westfalenpost: Länderfinanzausgleich Hagen (ots) - In der Wirtschaft nennt man das, was die Ministerpräsidenten verhandelt haben, ein Geschäft zulasten Dritter. Kein Bundesland wird bei der Neuverteilung der Finanzströme schlechter gestellt, alle haben mehr in der Kasse - und der Bund zahlt die Rechnung. Da fällt es leicht, die 16 Landesregierungen auf einen gemeinsamen Kompromiss einzuschwören. Für Ministerpräsidentin Kraft hat die Einigung gleich mehrere Vorzüge. Einerseits füllt die Reform die Landeskonten. Gleichzeitig wäre die künftige Rückkehr zum Geberland mehr...

  • Westfalenpost: Bundestag/Syrien Hagen (ots) - Die Zustimmung des Bundestags zum Syrien-Einsatz der Bundeswehr ist unvermeidlich - und trotzdem nicht richtig. Der sogenannte Islamische Staat terrorisiert die Welt, er mordet, vergewaltigt und will unseren Lebensstil zerstören. Vor allem: Er will nicht verhandeln, verweigert sich allen Kompromissen. Wenn wir unsere Werte und unsere Existenz retten wollen, können wir nicht tatenlos zusehen. Aber: Bomben lösen das Problem nicht. Sie verschieben es allenfalls, regional und temporär. Deutschland und die gesamte (brüchige) mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Politik des billigen Öls = Von Georg Winters Düsseldorf (ots) - Jedes Mal, wenn wir mit dem Auto an die Tankstelle fahren oder der Heizöl-Lieferant kommt, freuen wir uns über niedrige Energiepreise. Daran wird sich vorerst nichts ändern. Ein steigender Ölpreis ist nicht in Sicht, weil sich die Opec und die US-Fracking-Konzerne einen Preiskrieg liefern. Doch billiges Tanken ist nur ein Teil der Wahrheit. Ein gewichtiges Argument gegen den Preisverfall ist der Klimawandel. Er macht regenerative Energien notwendiger denn je, aber für deren Förderung fehlt der ökonomische Anreiz, mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Das Erbe der Schützen = Von Lothar Schröder Düsseldorf (ots) - Was haben Flößerei und Morsetelegrafie, Köhlerei und das Schützenwesen gemeinsam? Sie alle finden sich im deutschen Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes, ein Kandidatenpool für die weltweite Unesco-Liste. Das klingt fast nach einem Verzeichnis bedrohter oder ausgestorbener, indes noch erinnerungswürdiger Arten. Wie eingeschränkt ein solcher Blickwinkel sein kann, erweist sich am neu gelisteten Schützenwesen in Deutschland. Das nämlich ist ein Brauch, der auch deshalb lebt, weil er sich seiner Herkunft und mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht