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Westfalen-Blatt: zur Abgas-Affäre

Geschrieben am 22-04-2016

Bielefeld (ots) - Also doch! Nicht nur Volkswagen hat bei den
Abgaswerten getrickst, auch andere deutsche und ausländische
Hersteller haben bei ihren Dieselautos Spielräume weidlich genutzt.
Sie waren nur offenbar nicht ganz so dreist wie die Wolfsburger,
sondern bewegten sich noch innerhalb einer großen Grauzone.
Wirklich überraschen kann das Ergebnis der Nachmessungen kaum. Denn
wer die Augen vor der Realität nicht verschlossen hat, dem ist seit
langem klar, dass zwischen den Werten auf dem Prüfstand und denen im
Alltagsgebrauch Welten liegen. Eigentlich ist es die erste Lektion
eines jeden Autofahrers, wenn es um den Spritverbrauch geht: Die
»Normwerte« sind im Realbetrieb normalerweise nicht zu erreichen.
Und weil Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß schon für sich
genommen miteinander korrelieren, sind höhere Abgaswerte nur die
logische Konsequenz. Doch die Hersteller haben es nicht dabei
belassen, fern jeglicher Realität Reifen stärker aufzupumpen, die
Klimaanlage abzuklemmen oder Kanten und Luftöffnungen für eine
bessere Aerodynamik abzukleben. Sie haben auch aktiv die
Möglichkeiten genutzt, die ihnen die Behörden und die Gesetzgeber in
der EU gewährt haben: Unter dem Deckmantel des Motorenschutzes wurde
ihnen mit Ausnahmemöglichkeiten Tor und Tür geöffnet - die Autobauer
mussten nur noch hindurchgehen. Bei der Frage nach Schuld und
Verantwortung rücken deshalb in erster Linie die Politik und die
Behörden in den Blickpunkt. Sowohl auf nationaler als auch auf
europäischer Ebene ist von ihnen viel zu lange nicht genau
hingeschaut oder offenbar allzu gerne auch einfach weggesehen
worden. Das war in Deutschland so - dem Land, das wie kein zweites
an der Autoindustrie hängt. Aber auch bei den europäischen Nachbarn
ist es kaum anders gewesen. Strafbar war das Vorgehen der Autobauer
offenbar nicht, maximal moralisch verwerflich. Denn so wird seit
Jahren Tag für Tag mehr gesundheitsgefährdendes und umweltschädliches
Stickoxid in die Luft gepustet als es technisch nötig wäre. Noch
unerträglicher wird dies, da es mit einfachen und günstigen Mitteln
anders geht, wie die angekündigten Servicemaßnahmen des VW-Konzerns
oder auch von Mercedes zeigen: Vielfach soll ein Software-Update
der Motorsteuerung ausreichen, um die Luftverschmutzung spürbar zu
reduzieren. Diese Verbesserung wäre längst möglich gewesen. Wenn der
VW-Skandal etwas Gutes hat, dann eben jenes: Er hat ins Rollen
gebracht, was jahrelang versäumt worden ist. Er hat ans Licht
gebracht, was im Halbdunkeln lag. Was bleibt, ist die große
gemeinsame Aufgabe für Politik, Behörden und Hersteller, es künftig
jeder für sich besser zu machen. Es geht um Vertrauen, um Transparenz
- und nicht zuletzt um das Image und den wirtschaftlichen Erfolg vor
allem auch der deutschen Autobauer.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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