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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Bernhard Fleischmann zur Kaufprämie für Elektroautos

Geschrieben am 27-04-2016

Regensburg (ots) - Eine stinkende Subvention

So richtig überzeugt ist die große Koalition von der
Elektroauto-Förderung selbst nicht. Darauf deutet schon die zaghafte
Herangehensweise hin, die sie seit Jahren an den Tag legt. Kurz vor
Beschluss hat sie nochmal 1000 Euro von den geplanten 5000 Euro für
reine E-Autos abgehobelt. Nun sieht es so aus, als wäre man höchst
unsicher, ob die Förderung überhaupt etwas taugt. Diese Zweifel sind
berechtigt. Es lohnt ein Blick auf die Motive für die Förderung.
Erstens will die Bundesregierung mit aller Gewalt ihr in weiter Ferne
liegendes Ziel erreichen, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge in
Deutschland auf der Straße zu haben. Das schafft sie locker - wenn
sie alle Elektrofahrräder dazuzählt. Wenn nicht, dann ist sie von der
Million so weit entfernt wie noch viele E-Autos von einer
reisetauglichen Reichweite. Zweitens will die Koalition die weltweite
Dominanz (zumindest bei hochwertigen Fahrzeugen) der deutschen
Automobilindustrie erhalten. Unsere Vorzeigeindustrie, um die sich
immer mehr Beobachter Sorgen machen. Denn was die deutschen Autobauer
in den vergangenen Jahren vorzuweisen haben sind grandiose Erfolge in
traditionellen Geschäften und Technologien; aber ein wenig
überzeugender Auftritt bei Stromern. Und auf die Überlegenheit bei
herkömmlichen Technologien fällt neuerdings ein Schatten, der so
dunkel ist wie die Rußfahne eines 50 Jahre alten Diesel. Genau an
diesem Punkt fällt nun die E-Auto-Förderung, von der die
Autoindustrie profitieren wird, zeitlich zusammen mit den Folgen der
Betrügereien und Tricks beim Diesel. Man könnte also sagen: Wir
Steuerzahler sollen den Autobauern mit einer Subvention, die als
ökologisch motiviert verkauft wird, aus einer Patsche helfen, in die
sie sich mit ihren Schweinereien gegenüber Umwelt und Gesundheit der
Erdenbewohner hineinmanövriert hat. So eine Belohnung auf unsere
Kosten stinkt. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass E-Autos den
Flottenverbrauch der Hersteller rechnerisch weitaus mehr senken als
sie es in Wirklichkeit tun. Auf diese Weise alimentieren sie dank
freundlicher staatlicher Unterstützung die Herstellung und den
Verkauf von schluckfreudigen Verbrennern. Toll. Die Subvention hilft
den Herstellern bestenfalls kurzfristig und vordergründig. Abgesehen
davon, dass sich selbst mit 4000 Euro Förderung nahezu kein aktuelles
Elektroauto für den Verbraucher unter den aktuellen Bedingungen
rechnet - auf lange Sicht ist sie eher schädlich. Denn die bisherige
Strategie der - nicht nur deutschen - traditionellen Autobauer geht
nicht mehr auf. Sie bauen fast alles - ob Diesel, Hybrid,
Plugi-In-Hybrid, Brennstoffzelle und ein paar kurzatmige
Elektroautos. Überzeugend ist das nicht: Der Diesel, die deutsche
Hightech-Motorendomäne, erweist sich als wahlweise zu teuer oder zu
schmutzig. Die Hybride und Plug-In-Hybride stehen gut - in den
Schauräumen als Ladenhüter. Es gibt nur wenige überzeugende Modelle
wie den Toyota Prius oder Yaris in dieser Kategorie. Die richtigen
E-Autos sind noch zu wenig kundenfreundlich. Immerhin sollen Behörden
vorangehen und viele Stomer anschaffen. Das ist eine durchaus
erfreuliche Maßnahme. Viele Behörden-Mobile sind in Städten
unterwegs. Gerade dort sind Stromautos sinnvoll, weil sie vor Ort
keine Schadstoffe ausstoßen. Doch das ist erst ein kleiner Schritt.
Im Sinne der Citys ein zu kleiner. Da müssen auch Lieferverkehre,
Individualverkehr und Busse rußfrei werden. Will man die E-Autos
wirklich nach vorne bringen, dann braucht es mehr - ein neues
Gesamt-Mobilitätskonzept mit einem massiven Ausbau des öffentlichen
Personenverkehrs. E-Mobile passen viel besser in ein integriertes
System vieler Verkehrsmittel als in unsere heutige Welt, in der die
Systeme eher schlecht verzahnt nebeneinander existieren.
Steuervorteile für Diesel-Treibstoff und Kaufprämien sind dagegen die
falschen Rezepte von gestern.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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