Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur "Visafreiheit für die Türkei"
Geschrieben am 04-05-2016 |
Bielefeld (ots) - Es ist eines jener Zerrbilder,mit denen
Politiker so gerne Stimmung machen: Kaum wurde die Flüchtlingskrise
gebannt, überschwemmen Millionen von Türken die EU, ausgestattet mit
einem visafreien Reise-Dokument, das ihnen Zutritt zum gelobten
Westen verschafft. Nichts dergleichen wird passieren. Und doch ist
die Bedeutung dieses Schrittes, den die Brüsseler EU-Kommission am
Mittwoch eingeleitet hat, kaum hoch genug einzuschätzen. Mit Recht
hat die EU-Verwaltung auf irgendwelche Gnadenakte verzichtet. Da gibt
es keine Rabatte und kein großzügiges Hinwegsehen über nicht
erfüllte Bedingungen. In Brüssel weiß man, dass die
Visa-Liberalisierung zwar auch ein Versprechen ist, um sich für die
Beteiligung Ankaras an der Lösung des Flüchtlingsproblems
erkenntlich zu zeigen. Aber der Schritt bietet die Möglichkeit, das
Land zur Demokratisierung seiner Strukturen zu zwingen. Dabei spielt
der heiß ersehnte biometrische Reisepass bestenfalls eine
untergeordnete Rolle. Denn wer reist, wird kontrolliert. Seine Daten
wandern an die Sicherheitsbehörden. Die müssen unabhängig und ohne
Diktat der politischen Führung arbeiten können. Das ist für einen
Staat wie die Türkei, der Polizei und Staatsanwaltschaft auch gegen
missliebige Journalisten und Oppositionelle einsetzt, Neuland.
Natürlich sind die Bedenken, die mancherorts in Europa gegen das
völlige Öffnen der Türen für türkische Staatsangehörige gepflegt
werden, nachvollziehbar. Doch politisch hat die EU nun klargemacht,
dass sie sich nicht von Ankara erpressen lässt, sondern im Gegenteil
die Regierung von Premier Ahmet Davutoglu in die Pflicht nimmt. Der
EU-Türkei-Pakt, geschmiedet zur Eingrenzung der Flüchtlingskrise als
politische Chance? Das mag weit hergeholt klingen, wenn man sich die
Menschenrechtsverletzungen am Bosporus, die Schläge gegen Presse-
und Meinungsfreiheit oder die Gewalt gegen Kurden ansieht. Doch je
näher die Türkei an die Union heranrücken will, je mehr muss sie ihre
innenpolitischen Regeln und Vollzüge anpassen und ändern. Brüssel
drängt mit der Unnachgiebigkeit, mit der man auf die Erfüllung aller
Kriterien besteht, auf einen großen Schritt in Richtung
freiheitlicher Demokratie. So viel Optimismus mag illusorisch
klingen angesichts des Alltags am Bosporus und angesichts
egomanischer Eskapaden eines Staatspräsidenten gegen Satiriker und
Kulturschaffende auch anderswo. Doch das System Erdogan hat längst
Risse, wie der Machtkampf zwischen dem Staatschef und Davutoglu
zeigt. In Brüssel weiß man, dass das Land auf einen Wendepunkt
zusteuert. Die visafreie Einreise nach Europa macht das Gefälle zu
der demokratischen Marktwirtschaft dieser Gemeinschaft kleiner. Das
ist ein Zugewinn für beide Seiten - für die EU, weil sie einen
strategisch wichtigen Partner an ihrer Flanke braucht.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
590317
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema "Cannabis" Bielefeld (ots) - Ja, es ist richtig, Cannabis als Medizin
freizugeben. Und, ja, es ist ebenso richtig, dass es weiterhin keine
Legalisierung der Droge gibt, der private Anbau verboten bleibt.
Lange genug haben betroffene Patienten warten müssen, bis sich die
Politik nun endlich durchgerungen hat. Schwerkranke, die ihre
Schmerzen mit Cannabis als letzte Möglichkeit vor dem Einsatz von
Morphium zumindest ein wenig erträglicher machen können, bekommen
die Linderung künftig auf Rezept aus der Apotheke. Die Kosten
übernehmen die mehr...
- Rheinische Post: Kardinal Lehmann warnt vor AfD Düsseldorf (ots) - Der Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann hat
wenige Tage vor seinem 80.Geburtstag vor dem "spannungsvollen
Phänomen" der AfD gewarnt. Im Gespräch mit der in Düsseldorf
erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe) sagte er, dass
eine Partei, die so widersprüchlich auftrete, sich nicht empfehle.
"Wer jedenfalls einen blanken Rassismus sowie einen antiquierten
Nationalismus in unserer heutigen Welt vertritt, der ist für mich als
Christ nicht wählbar. Da kann es keine Kompromisse geben", so
Lehmann. In diesem mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: Sachsen-Anhalt/Innenpolitik
AfD-Landeschef Poggenburg: "Einreißen aller Moscheen wäre Rechtsruck" Halle (ots) - Der Landesvorsitzende der Alternative für
Deutschland (AfD) in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, sieht im Kurs
seiner Partei nach dem Stuttgarter Parteitag keine Verschärfung. "Wir
haben den Anspruch, eine liberal-nationalkonservative Volkspartei zu
werden. Den von vielen befürchteten Rechtsruck in der Partei gab es
nicht und wird es nicht geben", sagte Poggenburg im Interview mit der
in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Donnerstagausgabe).
Die Themen des Parteiprogrammes vertrete die AfD schon länger. "Wenn mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Computer in nordrhein-westfälischen Schulen
Selbstbestimmt in der digitalen Welt
Florian Pfitzner, Düsseldorf Bielefeld (ots) - Mit dem digitalen Wandel ist es wie dem
Straßenverkehr: Man kann ihn gut finden oder nicht, Tatsache ist, er
findet statt. Eltern und Lehrer sollten ein Interesse daran haben,
dass ihre Kinder und Schüler lernen, sicher und selbstbestimmt in der
digitalen Welt zurechtzukommen. Im Landtag drängt nun die
oppositionelle FDP-Fraktion darauf, die Medienkompetenz in den
Schulen voranzubringen, fächerübergreifend, in den Lehrplänen
verankert. Dabei sieht der Antrag die Digitalisierung als
verlässlichen Indikator eines mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Donald Trump als Präsidentschaftskandidat
Wut im Maschinenraum
Dirk Hautkapp, Washington Bielefeld (ots) - Donald Trump kann der nächste Präsident der
Vereinigten Staaten von Amerika werden. Das ist keine schlechte
Ausgabe einer überdrehten Fernsehserie. Was niemand von
durchschnittlichem Urteilsvermögen vor einem Jahr für möglich
gehalten hätte, ist eingetreten. Ein bekennender Rassist,
Staatsverächter, Frauen-Beleidiger, Narziss und Radikalpopulist
greift nach der Kandidatur für das höchste Staatsamt der militärisch
und politisch immer noch am meisten Bruttoregistertonnen
verdrängenden Macht der Erde. Weil sein ärgster mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|