Neue Westfälische (Bielefeld): Donald Trump als Präsidentschaftskandidat
Wut im Maschinenraum
Dirk Hautkapp, Washington
Geschrieben am 04-05-2016 |
Bielefeld (ots) - Donald Trump kann der nächste Präsident der
Vereinigten Staaten von Amerika werden. Das ist keine schlechte
Ausgabe einer überdrehten Fernsehserie. Was niemand von
durchschnittlichem Urteilsvermögen vor einem Jahr für möglich
gehalten hätte, ist eingetreten. Ein bekennender Rassist,
Staatsverächter, Frauen-Beleidiger, Narziss und Radikalpopulist
greift nach der Kandidatur für das höchste Staatsamt der militärisch
und politisch immer noch am meisten Bruttoregistertonnen
verdrängenden Macht der Erde. Weil sein ärgster Widersacher, der
pseudo-religiös verstrahlte Beckmesser Ted Cruz, nach seiner
Niederlage in Indiana das Handtuch warf, hat sich auch die letzte
Chance gegen Trump - eine Kampfabstimmung auf dem Parteitag in
Cleveland, aus der eine gemäßigte Alternative hervorgeht - so gut wie
in Luft aufgelöst. Für die Eliten in Politik, Wirtschaft und
Meinungsforschung ist dieser Zwischenstand der Offenbarungseid.
Amerikas Kommandobrücken können nicht mehr lesen, was sich unten im
Maschinenraum abspielt. Die Wut, die dort seit Jahrzehnten gärt über
ein System, das den amerikanischen Traum von Teilhabe und
Aufstiegsmöglichkeiten für alle zu Schanden geritten hat, hat nun ihr
bis in die getönten Haarspitzen hässliches Ventil gefunden.
Staatspolitische Verantwortung sieht anders aus. Aber so ist nicht
nur in Amerika der von der Globalisierung überforderte Souverän, wenn
man ihn konstant für dumm verkauft. Oder einer medialen Gehirnwäsche
aussetzt, die - von links wie rechts - den Tatbestand fast
permanenter Faktenverdrehung und Hetze erfüllt. Ob sich Amerika mit
Donald Trump am 8. November ins Knie schießen oder in letzter Sekunde
auf die wenig beliebte aber berechenbar-bewährte Hillary Clinton
einschwenken wird, hängt davon ab, ob die unheilvolle Dynamik
gestoppt werden kann, die den Außenseiter Trump bisher von Sieg zu
Sieg getragen hat. Sicher, bei vielen Frauen, Latinos, Schwarzen,
Menschen mit Universitätsabschluss und solchen, die Amerika und den
Rest der komplizierten Welt nicht nur vom Hochsitz in ihrem
Hinterwald aus kennen, ist der Milliardär unrettbar in Ungnade
gefallen. Auch in seiner eigenen Partei geht eine kleine Resistance
auf die Barrikaden, die sich lieber Hillary Clinton ins Schwert wirft
als Trump ins Amt zu hieven. Aber was bedeuten schon diese
Momentaufnahmen angesichts eines Kandidaten, der die Regeln des
Gewerbes seit Monaten immer wieder außer Kraft setzt. Trump, der
ruchlose Tabubrecher vom Dienst, ist ab sofort eine ernste Gefahr.
Für die Demokratie in Amerika. Und die ganze Welt.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
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