Börsen-Zeitung: Politik von und für gestern,
Kommentar zur Konjunktur von Stephan Lorz
Geschrieben am 09-05-2016 |
Frankfurt (ots) - Die Konjunktursonne scheint wieder heller über
Deutschland: Deutlich besser, als die Ökonomen erwartet hatten, sind
die Auftragseingänge für März ausgefallen. Das lässt hoffen für das
Gesamtwachstum - ist aber auch verdammt gefährlich, weil damit der
Druck auf Berlin nachlässt, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik zu
betreiben. Es läuft ja! Einzige Maßgabe scheint ohnehin zu sein, die
"Schwarze Null" zu halten. Bleibt trotzdem Geld zum Verteilen übrig,
wird es den heutigen und künftigen Rentnern versprochen: Rente mit
63, Mütterrente und Lebensleistungsrente lauten die Stichworte.
Deutschland, so kann man es auf den Punkt bringen, verspielt seine
Zukunft, weil es nur noch ins Gestern investiert.
Viele Ökonomen haben darauf schon aufmerksam gemacht, wurden aber
in Berlin stets vertröstet. Der Machterhalt ist den handelnden
Politikern schließlich wichtiger. Nur darum werden die
geburtenstarken Jahrgänge nämlich mit Wohltaten überhäuft - nicht
wegen des Armutsrisikos. Das Geld hierzu wird entweder von den Jungen
genommen, indem diese künftig höhere Sozialbeiträge entrichten
müssen, oder es kommt einfach aus der Substanz. Vor Letzterem hat
jetzt der Internationale Währungsfonds (IWF) gewarnt. Deutschland
muss mehr investieren, so seine Kernforderung. Die Bundesregierung
verweist zur Entlastung auf ihre "Investitionsoffensive", die
zusätzliche Milliarden bis 2018 vorsieht. Doch steigen die Baukosten
schneller, als die Investitionssummen gewachsen sind. Die Substanz
bröckelt also weiter, mahnt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der
Commerzbank.
Die wie eine Monstranz vor sich hergetragene "Schwarze Null" wirkt
damit eher kontraproduktiv. Geht doch unter den obwaltenden
Bedingungen das Fundament für künftiges Wachstum in die Brüche. Die
heutige junge Generation wäre dann doppelt getroffen: finanziell
ausgezehrt inmitten einer ruinierten Infrastruktur. Warum also nicht
heute den Kapitalmarkt anzapfen, da die Zinsen so niedrig sind? Zumal
Deutschland budgetmäßig besser dasteht als fast alle anderen
Industrieländer.
Wenn die Bundesregierung gleichwohl unter allen Umständen an der
"Schwarzen Null" festhalten möchte, ohne die Zukunft gleich ganz
abzuschreiben, müsste sie sofort alle neuen Sozialtransfers stoppen
und das Budget rigoros auf Investitionen trimmen. Aber auch das
passiert nicht. Selbst für Start-ups und Ausgaben zur technologischen
Standortsicherung (wie steuerlich begünstigte Patentboxen) gibt es
kein Geld. Fehlentwicklungen nehmen meist in guten Zeiten ihren
Anfang.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
590574
weitere Artikel:
- WAZ: Das wache Auge des Kartellamts
- Kommentar von Frank Meßing zum Bierkartell Essen (ots) - Qualität ist weltweit der größte Werbefaktor für
deutsches Bier - zumal im 500. Jahr des Reinheitsgebots. Im Handel
wird der Gerstensaft aber seit Jahren zum Teil zu Schleuderpreisen
verkauft. War früher Waschmittel im Sonderangebot der Lockvogel für
Supermarkt-Betreiber, sind es nun die Bier-Schnäppchen, die Kunden in
die Läden lotsen sollen.
Die Kiste Premium-Pils für 9,99 Euro bringt die national tätigen
Brauereien mit ihren riesigen Werbeetats allerdings um ihre Marge,
die ohnehin schon unter dem stetig abnehmenden mehr...
- WAZ: Richtige Idee, aber zu klein gedacht
- Kommentar von Stefan Schulte zu Betriebsrenten Essen (ots) - Geförderte Betriebsrenten für Geringverdiener sind
der erste konstruktive Beitrag aus der Bundesregierung zur Bekämpfung
von Altersarmut. Die staatliche Rente wird für viele Menschen, die
künftig in Ruhestand gehen, nicht mehr reichen. Weil das Rentenniveau
aufgrund der Alterung unserer Gesellschaft sinkt. Vor allem aber
wegen der vielen unterbrochenen Erwerbsbiografien und
Teilzeitkarrieren. Weder die geplante "Lebensleistungsrente", die 40
Beitragsjahre voraussetzt, noch lose Versprechen, das Rentenniveau
einzufrieren, mehr...
- taz: Halbherzige ADAC-Reform/
Kommentar von Richard Rother zur mächtigen Autofahrerlobby Berlin (ots) - Diese Zahl verwundert: Fast eine viertel Million
Mitglieder hat der Autofahrerclub ADAC im vergangenen Jahr
hinzugewonnen. Und das trotz des Skandals um manipulierte Umfragen
und überteuerte Ersatzteile, die Kunden in Not bei der Pannenhilfe
aufgeschwatzt wurden. Der Mitgliederzuwachs ist ein
Vertrauensvorschuss, den der Club nicht verdient hat. Auch wenn er
sich jetzt eine neue Struktur gegeben hat, die den Machtmissbrauch
der Funktionäre verhindern soll. Können 19,2 Millionen Mitglieder
irren? Ja, sie können.​ mehr...
- Kunststoffproduktion in Deutschland wieder im Plus - Moderates Wachstum trotz eingetrübten Wirtschaftsklimas (FOTO) Frankfurt am Main (ots) -
"Durchwachsen" war das Jahr 2015 für die Kunststofferzeuger in
Deutschland: Die Unternehmen verzeichneten bei stagnierenden Umsätzen
ein nur leichtes Mengenplus gegenüber dem Vorjahr. Für das laufende
Jahr 2016 rechnen die deutschen Kunststofferzeuger ebenfalls mit
moderat steigender Produktion. Die Kunststofferzeuger profitieren
dabei von intakten Wertschöpfungsketten, der Nähe zu
Abnehmerindustrien und vom hohem Forschungsniveau. Zudem ist und
bleibt Kunststoff Innovationstreiber für viele Branchen. mehr...
- Experiment gelungen: Cashcloud begrüßt "NFC City Berlin" und fordert weitere Initiativen Luxemburg (ots) - Erfolgreich endete das Vorzeigeprojekt "NFC City
Berlin", das sich zum Ziel gesetzt hat, die mobile Bezahlmethode NFC
(Near Field Communication) in der Hauptstadt großflächig zu
verbreiten. Für ein Jahr boten 25 beteiligte Unternehmen an über 1000
Verkaufsstellen NFC als Zahlungsalternative zum Bargeld oder der
EC-Karte an - darunter die Handelsketten Galeria Kaufhof, Real und
Rewe, sowie die Mobilfunknetzbetreiber Telekom Deutschland,
Telefónica Deutschland und Vodafone Deutschland. Eine erste
Auswertung des von mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|