Weser-Kurier: Carolin Henkenberens über Idomeni
Geschrieben am 24-05-2016 |
Bremen (ots) - Die Räumung des Grenzlagers Idomeni hat weniger
etwas mit Fürsorge zu tun, als mit einem politischen Signal. Es soll
Ernüchterung bringen. Die Flüchtlinge sollen begreifen, dass sie
nicht nach Deutschland oder Schweden gelangen werden. Wenn jetzt
bessere Camps vorgeschoben werden, ist das ein Schlag ins Gesicht der
Menschen, die seit fast drei Monaten im Dreck leben. Man überließ sie
ehrenamtlichen Helfern und sich selbst. Die EU und Griechenland
hätten das wilde Lager Idomeni offiziell machen können. Damit hätte
man die Situation verbessert, Verantwortung übernommen. Doch das
Statement, dass die Menschen dort nicht hingehören, war wichtiger als
Humanität. Ob es den Menschen in den dezentralen Camps besser gehen
wird, ist fraglich. Auch hier gibt es Zelte ohne Fußböden, die bei
Regen unterspült werden. Aber wer die Flüchtlinge erlebt hat, weiß:
Ihnen geht es auch nicht um saubere Duschen. Ja, für einige
Flüchtlinge wird die Räumung ein Befreiungsschlag sein. Sie werden
sich nicht mehr mit einer Illusion quälen, sondern mit dem Gedanken
anfreunden, in Griechenland zu bleiben. Aber: Tausende Familien sind
auseinander gerissen. Sie sollten unbürokratisch zu ihren Verwandten
gelassen werden. Doch diese Forderung wird bald niemand mehr hören.
Sobald die Menschen auf alte Kasernengelände mitten im Nirgendwo
verteilt sind, werden sie von der Bildfläche verschwinden. Es wird
keine blockierten Eisenbahnschienen, keine Handgemenge mit
Grenzbeamten und weniger Berichterstattung geben. Kurz: Die Stimmen
der Schutzsuchenden werden verhallen. Das ist einkalkuliert. Das ist
eine perfide Taktik.
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Weser-Kurier
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