Börsen-Zeitung: 5,22, Kommentar zur Commerzbank von Bernd Wittkowski
Geschrieben am 02-08-2016 |
Frankfurt (ots) - Ehrlich gesagt, es hätte uns schon ein wenig
überrascht, wenn Finanzvorstand Stephan Engels auf Fragen in der
Telefonkonferenz so geantwortet hätte: "Ja, ich mache mir große
Sorgen um die Stabilität der Commerzbank." Und: "Ja, ich denke Tag
und Nacht darüber nach, wie wir dem Markt die nächste Kapitalerhöhung
verkaufen können, die dringend nötig ist, weil uns die Aufseher
ständig mit neuen Bosheiten piesacken." Oder: "Ich habe echt keinen
Bock mehr darauf, mir das hier jeden Tag anzutun." Es wäre uns
durchaus die eine oder andere Schlagzeile wert gewesen.
Engels hat sich aber von Analysten und Journalisten nicht hinter
die Fichte führen lassen und deshalb all das nicht gesagt, sondern
versichert, dass die Commerzbank auf einem stocksoliden Fundament
stehe, er sich daher keinerlei Sorgen um ihre Stabilität mache, dass
er im Moment überhaupt keine Notwendigkeit für eine Kapitalerhöhung
erkenne und folglich nicht darüber nachdenke, und dass er schließlich
nach wie vor jeden Tag motiviert ins Büro gehe, zumal er glaube, dass
die Gelben auf dem richtigen Weg seien. Nun wäre also auch das
geklärt.
Als Beschäftigter auf der Dauerbaustelle Commerzbank, wo die x-te
Sparrunde ansteht, und als ihr Aktionär wird man die Dinge nicht ganz
so entspannt sehen wie Engels (der aber schon qua Funktion gar nicht
anders kann, als möglichst gute Miene zum bösen Spiel zu machen). An
der Kurstafel stand am Dienstag zeitweise das Rekordtief von 5,22
Euro. Wie gut, dass die Bank 2013 ihre Aktien 10:1 zusammengelegt
hat.
Der Markt hat ja angeblich immer Recht. Aber wenn der Markt so
schlau ist, warum hatte er dann die absehbare Gewinnwarnung nicht
längst eskomptiert? Dass Banken Mühe haben, gegen die Effekte der von
der EZB oktroyierten Null- und Negativzinsen anzuverdienen, selbst
wenn sie - wie "Die Bank an Ihrer Seite" - wachsen, die Kosten stabil
halten und die Risiken im Griff haben, ist kein Geschäftsgeheimnis.
Mit ihren Kapital- und Schuldenquoten ist die Commerzbank absolut im
Soll. Dass aufsichtlich noch etwas im Busch ist, weiß man - neue
Erkenntnisse dazu: Fehlanzeige. Das Thema Stresstest war auch längst
durch. Was dann?
Der Markt spielt für die Banken offenbar das Szenario
Weltuntergang. Darüber kann man reden. Noch ein paar Jahre
Negativzinsen und jeden Tag eine neue weltpolitische Krise wie
aktuell die zunehmenden Spannungen zwischen der Türkei einerseits und
der EU und den USA andererseits - das ist der Stoff, aus dem
irgendwann Penny Stocks gemacht werden. Trotz Aktienzusammenlegung.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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