Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Zschäpe spricht im NSU-Prozess
Beschädigter Rechtsstaat
Sigrun Müller-Gerbes
Geschrieben am 29-09-2016 |
Bielefeld (ots) - Fast genau fünf Jahre ist es her, dass in
Eisenach ein Wohnmobil in Flammen aufging. Im Rückblick ist jener 4.
November 2011, an dem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt starben, auch der
Tag, an dem sich ein gutes Stück Vertrauen in den Rechtsstaat in
Rauch auflöste. Es ist bis heute nicht wieder hergestellt. Über zehn
Jahre lang hatte der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund bis
dahin im Verborgenen Banken überfallen, Bomben gelegt und Migranten
ermordet - ohne dass die ermittelnden Behörden dem Verdacht auf
rechtsextreme Serientäter ernsthaft nachgegangen wären. Hätte der
Schaden, den das Vertrauen genommen hatte, da noch repariert werden
können? Vielleicht durch wirklich vorbehaltlose Aufklärung, die
damals versprochen wurde. Es folgten: verheerende Ermittlungspannen,
vernichtete Akten, mysteriöse Todesfälle unter V-Männern. Also
setzten Bürger und vor allem die Angehörigen der Mordopfer auf den
Prozess gegen Beate Zschäpe, die Frau, die mit den beiden Uwes das
"NSU-Trio" bildete und als einzige überlebt hat. Zschäpe hätte
Aufklärung liefern können. Sie hat es nicht getan. Stattdessen haben
sie und ihre Anwälte es mit ihrer Prozessstrategie geschafft, das
Verfahren, das inzwischen seit dreieinhalb Jahren läuft, endlos in
die Länge zu ziehen. Und zwar so sehr, dass es kaum noch öffentliche
Aufmerksamkeit gibt für die so notwendige Aufarbeitung der
NSU-Verbrechen - Taten, die in der Geschichte der Bundesrepublik
einzigartig sind. Dass Zschäpe es nun in einer einzigen Minute
schafft, das Geschehen in 20 Jahren NSU zusammenzufassen und
abzuhaken, zeigt, wie ernst man ihre angebliche Reue nehmen muss. Sie
bedauere ihr "Fehlverhalten", sagt sie. Wer an die zehn Toten denkt,
die das Trio zu verantworten hat, den kann es ob dieser Wortwahl nur
schütteln. Nach mehr als drei Jahren ergreift Zschäpe also das Wort -
zu einem Zeitpunkt, da das Gericht den Prozess bald beenden will. Das
entlarvt ihre Worte als das, was sie sind: Ein weiterer
prozesstaktischer Schachzug, der die drohende Höchststrafe abwenden
soll. Einer Angeklagten vor einem deutschen Gericht ist das erlaubt.
Nur: Es erhellt kein bisschen von dem, was zwischen den Beteiligten
damals vorgefallen ist. Es liefert keine Hinweise auf Mittäter,
Unterstützer, die Rolle des Verfassungsschutzes. Und es hilft den
Zweiflern am Rechtsstaat ebenso wenig weiter wie den Hinterbliebenen,
die wissen wollen, wie es zu den unfassbaren Verbrechen kommen
konnte.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
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