Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr
Geschrieben am 30-09-2016 |
Regensburg (ots) - Als der rauhbeinige US-Präsidentschaftsbewerber
Donald Trump kürzlich wetterte, Deutschland komme seinen
Verpflichtungen zur Zahlung an die USA nicht nach, rümpften wohl
nicht nur Verteidigungsexperten diesseits und jenseits des Atlantik
die Nase. Dass die Mitgliedsstaaten des Nordatlantik-Paktes ihre
Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung in eigener Verantwortung
festlegen, war dem Möchtgern-Präsidenten offenbar nicht bekannt.
Freilich steckt in der Kritik insofern ein Körnchen Wahrheit, als
Deutschland weit hinter dem angestrebten Nato-Ziel bei den
Wehrausgaben zurückbleibt. Statt derzeit über 30 Milliarden Euro für
die Bundeswehr müsste Berlin rund 60 Milliarden Euro pro Jahr in den
Wehretat stecken. Doch das ist politisch und auch finanziell eine
Illusion. Zugleich ist immer wieder die Forderung zu hören, das
wirtschaftlich starke Deutschland müsse sich stärker militärisch
engagieren, etwa in Auslandseinsätzen. Vor knapp zwei Jahren äußerten
deutsche Spitzenpolitiker auf der Münchner Sicherheitskonferenz die
grundsätzliche Bereitschaft dazu, von Steinmeier, von der Leyen bis
Gauck. Aber ist der vermeintliche Schlachtruf "Deutsche an die
Front!" auch sinnvoll? Die Erfahrungen der vergangenen Jahre mit
zahlreichen Auslandseinsätzen haben eher Besinnung, Realismus, ja
Demut gelehrt. Allen voran der ziemlich erfolglose
Afghanistan-Einsatz, in den Deutschland in der großen Empörung über
die Anschläge vom 11. September 2011 gewissermaßen in Bündnistreue
hineingestolpert ist. Kanzler Gerhard Schröder konnte seinerzeit
allerdings gar nicht anders, als auch deutsche Soldaten an den
Hindukusch zu entsenden. Nach den furchtbaren Bildern der
einstürzenden Twin-Towers von New York, nach dem Terror der Al
Kaida-Mörder, konnte sich Deutschland dem "Bündnisfall" nicht
entziehen. In der Folge jedoch wurde die Bundeswehr immer mehr in
schlimme Kampfeinsätze verwickelt. Allein in Afghanistan starben
dabei über 50, bei Auslandseinsätzen insgesamt über 100 deutsche
Soldaten. Und viele kehrten verwundet und traumatisiert zurück. Von
ihnen ist leider viel zu wenig die Rede, ihnen wird viel zu wenig der
Weg zurück ins "normale" Leben geebnet. Ohne dass es von der
Regierung offen benannt wird, wird seit Afghanistan auch so etwas wie
eine Trendumkehr betrieben. Statt auf Kampfeinsätze mit hohen Risiken
und Verlusten, wird mehr auf logistische Unterstützung der
militärischen Akteure in den Krisengebieten, auf Waffenlieferungen,
Beobachtung und Aufklärung, auf Ausbildung der Kämpfer vor Ort
gesetzt. So etwa im Fall von Syrien und Irak, wo Bundeswehrangehörige
gewissermaßen "hinter der Front" im Einsatz sind, wo deutsche
Aufklärungs-Tornados Daten für die alliiierten Luftstreitkräfte
liefern. Es ist mit dieser zurückhaltenden Taktik zumindest gelungen,
das Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr aus der heißen
innenpolitischen Debatte heraus zu halten. Allerdings ist den
kriegerischen Auseinandersetzungen, dem Morden von Terroristen nicht
ausschließlich mit Verhandlungen, mit Brückenbauen und Brunnenbohren
beizukommen. Es müssen notfalls auch entschlossen militärische
Maßnahmen ergriffen werden. Dass der Strom der Flüchtlinge so stark
anschwoll, hat auch mit der Unfähigkeit der zivilisierten Welt zu
tun, dort Frieden zu erzwingen. Die Bundeswehr wird sich weiter an
Auslandseinsätzen beteiligen müssen. Allerdings nur an
wohlüberlegten. Den Soldatinnen und Soldaten, die in diese Einsätze
gehen, gebührt unser Dank.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
599988
weitere Artikel:
- Stuttgarter Nachrichten: zum Einheitsfest in Dresden Stuttgart (ots) - Ausgerechnet Dresden! Dass die deutsche Einheit
in diesem Jahr - turnusgemäß der Bundesratspräsidentschaft folgend -
ausgerechnet in der Pegida-Geburtsstadt gefeiert wird, wirft ein
besonderes Licht auf die politische und psychologische Veränderung,
die in den vergangenen zwölf Monaten in dieser Republik um sich
gegriffen hat. Denn in Dresden steht die Wiege jener unheilvoll
ausländerfeindlichen Bewegung, deren selbsterklärte Biedermänner
glauben, Volkes Stimme zu sein, wenn sie über Flüchtlinge,
Andersgläubige mehr...
- Schwäbische Zeitung: Ratlosigkeit im Nahen Osten - Leitartikel zu Peres Ravensburg (ots) - Die Briten, hat Tony Blair einmal gesagt,
hätten ihre Queen Elizabeth II., die Israelis dagegen ihren Schimon.
So war der Auftrieb an prominenten Trauergästen bei der Beerdigung
von Schimon Peres auch der Sorge um die Zukunft Israels und des Nahen
Ostens geschuldet. Denn mit Peres schwindet, wie oft, wenn Alte und
Weise sterben, auch immer eine Hoffnung.
Peres war in seinen letzten Jahren und Jahrzehnten Autorität über
alle ideologischen Grenzen hinweg geworden. Er war der letzte große
israelische Politiker, mehr...
- Schwäbische Zeitung: Es werden Risiken bleiben - Kommentar zu automatisiertem Fahren Ravensburg (ots) - Schon seit geraumer Zeit lässt der deutsche
Verkehrsminister eine Art vorauseilender Begeisterung erkennen, wenn
er vom automatisierten Fahren spricht. In der Tat: Die Chancen, die
in dieser Technik der Zukunft liegen, sind enorm. Automatisierte
Fahrzeuge werden die Mobilität komplett verändern, und man darf davon
ausgehen: überwiegend zum Besseren. Dies gilt wahrscheinlich auch für
die Unfallbilanz. Sogenanntes menschliches Versagen steht in der
Ursachenliste ganz oben, und wenn alles mal funktioniert wie
gewünscht mehr...
- Badische Neueste Nachrichten: zu Tag der Deutschen Einheit
Kommentar von Gerhard Windscheid Karlsruhe (ots) - Zu der Sorge vor ausartenden Demonstrationen
kommt die Angst vor Anschlägen. Erst am vergangenen Montag
explodierten in Dresden zwei Sprengsätze vor einer Moschee und vor
dem Kongresszentrum der Stadt. Ein angebliches Bekennerschreiben auf
einer Antifa-Internetseite entpuppte sich inzwischen als Fälschung.
Vermutlich waren es eher Neonazis, die mit ihren Sprengsätzen vor dem
Tag der Einheit für Angst und Schrecken sorgen wollten. Die Polizei
hat auf die verschlechterte Sicherheitslage reagiert und hat ein
Großaufgebot mehr...
- Westfalenpost: Peres-Trauerfeier - Vermächtnis für den Frieden Hagen (ots) - Selbst nach seinem Tod hat Schimon Peres das
geschafft, was ihn Zeit seines Lebens in der Politik angetrieben hat:
Menschen zusammen und ins Gespräch zu bringen. Über Grenzen hinweg.
Um Barrieren zu überwinden. Am Sarg des ehemaligen israelischen
Regierungschefs und Präsidenten kommt es zu Begegnungen mit
Seltenheitswert: US-Präsident Barack Obama spricht mit Israels
aktuellem Premier Benjamin Netanjahu - beide verbindet viel, aber
keine Freundschaft. Mit Palästinenserpräsident Abbas und Netanjahu
reichen sich zwei mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|