Mittelbayerische Zeitung: Schräges Schauspiel / Kommentar zum Zusammentreffen von Horst Seehofer und Viktor Orban beim Gedenkakt zum 60. Jahrestag des Ungarn-Aufstands im bayerischen Landtag
Geschrieben am 17-10-2016 |
Regensburg (ots) - Einer wie Viktor Orban feiert den Wert der
Freiheit und der Freiheitskämpfer - das allein ist schon ziemlich
schräg. Doch dass sich das ungarische Konsulat für dieses seltsame
Schauspiel ausgerechnet im Landtag einmietet, ist eine bewusste
Provokation. Das Parlament ist Hüter von Grundrechten, die der
ungarische Regierungschef im eigenen Land kräftig mit Füßen tritt.
Orban mag gerne in München feiern, aber bitte anderswo. Der
Orban-Termin konterkariert die Politik des "offenen Hauses", die
Landtagspräsidentin Barbara Stamm praktiziert. Als die Ungarn an die
Tür klopften hätte sie besser abgelehnt. In künftigen Fällen sollte
sie akribisch prüfen, wer auf der Gästeliste steht, damit ihr nicht
wieder ein höchst Umstrittener untergeschoben wird. Stamm war beim
Orban-Termin verhindert. Es wird ihr nicht unangenehm gewesen sein.
Ministerpräsident Horst Seehofer aber adelte den Auftritt mit seiner
Anwesenheit. Das wäre in Ordnung, wenn er die Nähe für Denkanstöße in
Sachen Demokratie nutzen würde. Öffentlich ist das bis heute nicht
passiert - falls unter vier Augen verpuffte es offenbar wirkungslos.
So bleibt unterm Strich allein: Ein neuer, unnötiger Affront gegen
Kanzlerin Angela Merkel, die Orbans Dauerzielscheibe ist. Aber auch
das ist womöglich ein verbindendes Element.
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