Westfalenpost: Lorenz Redicker zu Hartz-IV-Sanktionen
Geschrieben am 24-10-2016 |
Hagen (ots) - Auf fast eine Million beläuft sich die Zahl der im
vergangenen Jahr verhängten Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher. Leben
also eine Million Sozialbetrüger in unserem Land? Mitnichten. In den
meisten Fällen geht es um Lappalien, einen verschlafenen Termin beim
Jobcenter zum Beispiel. Und klagen die Betroffenen gegen die
verhängte Sanktion, sind sie in 40 Prozent der Fälle auch noch
erfolgreich. Natürlich ist es richtig, Betrüger zu belangen, auch
Sozialbetrüger. Wer eine Erbschaft verschweigt und widerrechtlich
weiterhin Arbeitslosengeld II bezieht, gehört bestraft. Aber ist eine
Mutter, die den Namen des Vaters ihres Kindes verschweigt, eine
Betrügerin? Leistungskürzungen gegen die "Kunden" lösen nicht das
Hauptproblem der Jobcenter. Das liegt bei der viel zu hohen
Langzeitarbeitslosigkeit. Ein nennenswerter Anteil der Arbeitslosen
profitiert seit Jahren nicht von der guten Entwicklung am
Arbeitsmarkt; Hartz-IV-Karrieren ganzer Familien sind längst
legendär. Hier müssten Politik und die Bundesagentur für Arbeit
ansetzen, nach brauchbaren Lösungen suchen. Wer stattdessen
Sanktionen verschärft, erweckt nur den Eindruck, er wolle von den
eigentlichen Problemen, von der eigenen Untätig- und Unfähigkeit
ablenken.
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Westfalenpost
Redaktion
Telefon: 02331/9174160
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