Börsen-Zeitung: Zeit für ein Zeichen, Kommentar zu Volkswagen von Claus Döring
Geschrieben am 07-11-2016 |
Frankfurt (ots) - Hans Dieter Pötsch ist - dem wird niemand in der
Wirtschafts- und Finanzwelt ernsthaft widersprechen - ein fähiger
Manager und eine integre Persönlichkeit. Dass es dem langjährigen
Finanzvorstand und jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden von Volkswagen
immer um die Sache und nicht ums eigene Ego ging und geht, ist
glaubwürdig. Er hat sich im September vorigen Jahres vom Aufsichtsrat
in den Dienst der Sache stellen lassen, nämlich der Aufklärung des
Dieselskandals und der Bewältigung seiner Folgen für den Konzern. Das
ist nicht allein Pötschs Wahrnehmung, sondern auch die vieler
Mitstreiter in- und außerhalb des Unternehmens.
Doch Pötsch muss sich fragen lassen, wie er dieser Sache künftig
noch dienen kann und ob sein Festhalten am Aufsichtsratsvorsitz nicht
am Ende für VW zum Bärendienst wird. Denn mit der Ausweitung der
staatsanwaltlichen Ermittlungen auf seine Person haben sich die
Rahmenbedingungen für die Aufarbeitung des Skandals verändert. Mit
der Strafanzeige durch die Finanzmarktaufsicht BaFin und die
Ermittlungen der Staatsanwälte ist er vom Treiber zum Getriebenen der
Aufklärung, vom Richter über Verfehlungen zum Beschuldigten geworden.
Das ist keine Semantik, sondern hat handfeste Folgen für die Arbeit
Pötschs als Aufsichtsratsvorsitzender. In vielen Fragen, die jene
Zeit betreffen, als Pötsch noch dem Vorstand angehörte, wird er
künftig befangen sein und sich nicht äußern dürfen. Gerade seine
Erfahrung als langjähriger Vorstand und das Wissen um die Vorgänge
aber waren es, weshalb Pötsch von den Großaktionären auf dem
Höhepunkte der Krise vom Vorstand an die Spitze des Aufsichtsrats
geholt wurde.
Zur Wiedererlangung des Vertrauens müsse alles auf den Tisch
kommen, sagte Pötsch jüngst im Interview der Börsen-Zeitung. Das wird
ihm künftig als Beschuldigtem nicht mehr gelingen, schon gar nicht in
der Wahrnehmung von außen. Wenn Pötsch seinem Auftrag und Ethos treu
bleiben will, sollte er ein Zeichen seines Aufklärungswillens setzen
und - ungeachtet unterschiedlicher Rechtsauffassungen von Konzern und
Finanzaufsicht - den Vorsitz im Aufsichtsrat in andere Hände legen.
Das wäre der beste Dienst, den er Volkswagen zum jetzigen Zeitpunkt
erweisen kann. Denn der Konzern braucht an der Spitze von Vorstand
und Aufsichtsrat Persönlichkeiten, deren Handlungsfähigkeit nicht
durch mögliche Verfehlungen der Vergangenheit eingeschränkt ist. Der
um einen Zukunftspakt ringende Konzern sollte nicht Gefahr laufen,
immer wieder von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden.
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