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Mittelbayerische Zeitung: Die Trophäe Maut: Dobrindt bekommt doch noch grünes Licht. Sinnvoller wird das CSU-Lieblingsprojekt dadurch nicht. Von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 01-12-2016

Regensburg (ots) - Wie ein Lindwurm zieht sich die Maut -
abgeleitet vom Gotischen Wort Mota für Zoll - durch die Geschichte.
Verschiedene Formen von Wegezöllen sind seit über 1000 Jahren in
Europa dokumentiert. Für die Benutzung von Straßen und Brücken wurde
seit Jahrhunderten kräftig kassiert. In der löblichen Absicht, mit
dem Geld Straßen und Brücken zu erhalten. Der Schritt hin zur
Wegelagerei, mit der sich finstere Gesellen die Taschen füllten, war
jedoch häufig nur ein kleiner. Die meisten europäischen Staaten
erheben noch heute oder wieder Maut in verschiedensten Formen.
Frankreich, Italien, die Schweiz. Und über das österreichische
"Pickerl", das so wahnsinnig fest an der Windschutzscheibe klebt, hat
man es erst einmal angebracht, regt sich kaum noch ein Autofahrer
auf. Die Pkw-Maut in Deutschland, die wahrscheinlich 2018 eingeführt
wird, bereichert das bunte Mauttreiben um eine Variante: um eine Maut
mit Vignetten für Ausländer sowie eine gewissermaßen unsichtbare und
kostenlose für deutsche Fahrer. Das Projekt Ausländer-Maut hat vor
allem die CSU lindwurmmäßig seit Jahren vor sich hergetrieben. Und
selbst die Bayern-SPD war vor einigen Jahren auf diesem Trip, wovon
sie heute allerdings nichts mehr wissen will. Horst Seehofer hatte im
Vorfeld des Wahlkampfes 2013 die "Ausländer-Maut" ähnlich groß
aufgeblasen wie heute die Obergrenze für Flüchtlinge. Die
Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel erklärte seinerzeit, vom
SPD-Herausforderer Peer Steinbrück in die Ecke getrieben, mit ihr
werde es keine Pkw-Maut geben. Seehofer verhandelte sie aber doch in
den schwarz-roten Koalitionsvertrag hinein. Die CDU knurrte und die
SPD leistete hinhaltenden Widerstand. So ist es bis heute. Der
einstige CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt - und nicht der
vergnatzte Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer - war von Seehofer
auserkoren worden, um das Prestigeprojekt in Berlin durchzusetzen.
Würde er das schaffen, käme der Oberbayer mit der Vorliebe für
karierte Anzüge auch für höhere Aufgaben im Freistaat infrage, mag
sich Seehofer gedacht haben. Damals gab es noch einen Drei- oder
sogar Vierkampf um die Seehofer-Nachfolge. Doch von den Aspiranten
Haderthauer, Aigner, Dobrindt und Söder ist eigentlich nur noch der
überehrgeizige Franke übrig geblieben. Dobrindt, bereits auf dem
CSU-Parteitag in München bejubelt, erfährt nun gewissermaßen eine
nachträglich Aufwertung. Er bringt die Trophäe Ausländer-Maut, oder
im bürokratischen Politsprech: Infrastrukturabgabe, mit nach Hause.
Durch einen Deal mit Brüssel bekommt Dobrindt nun doch noch grünes
Licht für die Pkw-Maut. Er dreht an ein paar kleinen Stellschrauben
und macht den Wegezoll damit für die EU-Bürokratie akzeptabel. Doch
sinnvoller wird das CSU-Lieblingsprojekt dadurch jedoch nicht. Es
wird nur noch komplizierter und aufwändiger. Am Ende wird die
Pkw-Maut noch weniger für den Fiskus einbringen, als der bisher
annehmen durfte. Nämlich fast nichts. Das freilich dürfte den
Christsozialen egal sein. Was zählt, ist die politische Trophäe
Ausländer-Maut, die man Berlin und Brüssel abgetrotzt hat. Und leider
leitet diese Dobrindt-Maut auch Wasser auf die Mühlen der
Europa-Skeptiker sowie der Rechtspopulisten und Nationalisten. Die
werden nun erst recht auf nationale Alleingänge, nationalstaatliche
Regelungen und das Schröpfen von Ausländern setzen. Auch wenn die
Pkw-Maut von der CSU anders gedacht war, liefert sie dem wuchernden
Spaltpilz in der EU neue Nahrung. Obendrein wurde die Chance zu einer
modernen, europaweiten Straßennutzungsgebühr vertan.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

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