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Schwäbische Zeitung: Leitartikel zur Stichwahl in Österreich: Kein Grund zum Jubel

Geschrieben am 04-12-2016

Ravensburg (ots) - Endlich, beim dritten Mal - nach einer
angefochtenen Stichwahl und einer technisch begründeten Verschiebung
- , scheint Österreich es nun geschafft zu haben. Ein Präsident ist
gewählt. Der 72-jährige Alexander Van der Bellen hat, nach den am
Sonntagabend vorliegenden ausgezählten Stimmen, eindeutiger als
erwartet den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer geschlagen.

Dass der mit Ressentiments gegen Ausländer und Flüchtlinge
spielende Hofer nun nicht in die Wiener Hofburg einziehen wird, ist
eine gute Nachricht. Denn nur mühsam konnte der stets freundlich und
adrett auftretende Kandidat der Freiheitlichen seine Affinität zum
Rechtsradikalismus verbergen. Er war für viele am äußersten rechten
Rand in Europa ein österreichischer Held. Er sei, so die Meinung in
Kreisen, in denen viel der Begriff des "Völkischen" gebraucht wird,
der Einzige im Land, der den Mut habe, gegen Ausländer und die
Globalisierung zu Felde zu ziehen. Ähnlich wie Donald Trump gab sich
auch der freiheitliche Kandidat als Mann der kleinen Leute, der er
natürlich nicht ist. Sondern er ist der Wolf im Schafspelz, der für
Abschottung stand und schlussendlich nur aus taktischen Erwägungen
die EU reformieren wollte, anstatt sie zu verlassen.

Aber der Wahlsieg Van der Bellens muss auch nachdenklich stimmen.
Gewonnen hat der Kandidat wohl nicht, weil er eine Lichtgestalt ist,
die mit klaren, programmatischen Reden der Republik Österreich sagt,
wo er dieses Land in Zukunft sieht. Der ehemalige Grünen-Chef wurde,
so steht zu befürchten, vor allem gewählt, um ein Zeichen gegen die
reaktionäre Politik seines Gegners zu setzen. Van der Bellen wird
Visionen entwickeln und auf den politischen Gegner zugehen müssen.
Allein mit einer Abgrenzung gegen reaktionäre Politik wird er
Österreich nicht einen können.

Denn auch wenn das Abstimmungsergebnis eindeutig war, zeigt es
auch, dass Österreich ein gespaltenes Land bleibt. Knapp die Hälfte
der Wähler hat für den eleganten Demagogen Hofer gestimmt.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original-Content von: Schw?bische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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