Börsen-Zeitung: Durchbruch, Kommentar zum Aktienmarkt von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 07-12-2016 |
Frankfurt (ots) - Von seinem Höchststand von 12391 Punkten ist der
Dax, anders als die von Rekord zu Rekord eilenden US-Indizes, zwar
noch weit entfernt. Dennoch ist der gestrige Anstieg ein Durchbruch.
Denn der Index hat damit nicht nur endlich das bisher erfolglos
attackierte alte Jahreshoch von 10800 Zählern hinter sich gelassen.
Er hat auch die Verlustzone verlassen. Am Freitag noch mit 2% im
Minus, steht nun mit 10987 Punkten im Vergleich zum Jahresbeginn ein
Plus von 2,3% zu Buche.
In gewisser Weise wiederholt sich damit das Muster, das schon nach
dem Brexit-Votum und dem ebenfalls überraschenden Wahlsieg von Donald
Trump zu beobachten war. Nach vorübergehender Schwäche kehrten die
Aktienmärkte in ihren Aufwärtstrend zurück. Mit einem Unterschied:
Das Scheitern des italienischen Verfassungsreferendums hatte sich
abgezeichnet. Dass andererseits die Implikationen des Scheiterns für
Europa und damit letztlich auch für die Märkte mittel- bis
langfristig potenziell sehr negativ sind, ist aus Sicht der
Marktteilnehmer derzeit von geringer Relevanz. Für sie zählt nur,
dass jetzt die letzte große politische Unbekannte dieses Jahres vom
Tisch und damit der Weg für höhere Kurse frei ist. Dabei können sie
sich auf ein aufgehelltes Umfeld stützen.
Weltweit zeigen die Einkaufsmanagerindizes nach oben, womit
derzeit die Aussichten gut scheinen, dass sich das globale Wachstum
2017 etwas beschleunigen und sich nicht wie in den zurückliegenden
Jahren verlangsamen wird. In den USA und in Europa haben die
Unternehmensgewinne im dritten Quartal erstmals seit langem wieder
Zuwächse zum Vorjahr gezeigt, so dass die Gewinnrezession überwunden
scheint. Beides begann schon vor der US-Wahl, doch mit dem Sieg
Trumps bzw. den von ihm avisierten Steuersenkungen und umfangreichen
Infrastrukturinvestitionen könnten diese Tendenzen zusätzlichen Schub
erhalten - sofern eine Protektionismuswelle ausbleibt. Die positive
Stimmung spiegelt sich in der Entwicklung des Volatilitätsindex VDax
New, eines Gradmessers für die Nervosität im Markt, deutlich wider.
Er sank gestern bis auf 16,43 Punkte. In den zurückliegenden beiden
Jahren war er nur an zwei Tagen des zurückliegenden Septembers
niedriger. Damit ist der Markt derzeit viel zu sorglos. Auch wenn der
Dax zunächst weiter steigen dürfte, sprechen die erheblichen
politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten für das nächste Jahr
eher für einen deutlich höheren VDax als für einen sehr kräftigen
Anstieg des Dax.
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