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Börsen-Zeitung: It's Leadership, Kommentar zum Jahreswechsel von Claus Döring

Geschrieben am 30-12-2016

Frankfurt (ots) - Bleiben wir zunächst bei den Fakten, auch wenn
es nicht dem Zeitgeist entspricht: Der Dax hat im fünften Jahr in
Folge kräftig zugelegt, sich seit Ende 2011 von 5898 Punkten auf
11481 Punkte fast verdoppelt. Wirtschaftlich steht Deutschland so gut
da wie lange nicht mehr: ein reales Wirtschaftswachstum im zu Ende
gehenden Jahr von 1,9%, eine Teuerungsrate von 0,5% und eine
Arbeitslosenquote, die mit 5,7% auf dem niedrigsten Stand seit der
deutschen Wiedervereinigung liegt. Beste Bedingungen also für den
Start in das Wahljahr 2017, jedenfalls aus Sicht einer amtierenden
Regierung. So wäre die Kommentierung wohl in früheren Jahren
ausgefallen, als - "it's the economy, stupid" - die wirtschaftliche
Lage Wahlergebnisse bestimmte. Es gehört zu den prägenden Erfahrungen
des Jahres 2016, dass Wähler nicht mehr der ökonomischen Ratio
folgen, dass sie wirtschaftliche Fakten schlichtweg ignorieren. Das
war so beim Brexit-Votum der Briten, das war so bei der
Präsidentenwahl in den USA und das war so beim Verfassungsreferendum
in Italien. Wird es auch so sein bei den Wahlen in Frankreich und
Deutschland im neuen Jahr?

Die Disruption, jenes explosive Gemisch aus Globalisierung und
Digitalisierung, das seit einigen Jahren die traditionellen
Wertschöpfungsketten in der Wirtschaftswelt sprengt und neu ordnet,
hat die Politik erreicht. In der Wirtschaft hat sie zu neuem Denken
und zur Renaissance von Leadership geführt. Die erfolgreichen
Unternehmenslenker sind nicht mehr die Optimierer des Bestehenden.
Erfolg hat, wer innovativ ist oder bestehende Strukturen ohne allzu
große Rücksicht auf Traditionen aufbricht und Neues wagt. Das zeigt
sich global an den Verschiebungen in der Rangliste der "wertvollsten"
Industriekonzerne, wo die ersten zehn Plätze ausnahmslos von
US-amerikanischen Gesellschaften eingenommen werden - mit jenen
Unternehmen an der Spitze, die nicht Getriebene, sondern Treiber der
Disruption sind. Das zeigt sich national, wo die Bewertungen im Dax
durchaus mit der Leadership ihrer Führungskräfte korreliert. National
ragen derzeit in der deutschen Industrie vor allem SAP, Siemens und
Bayer heraus, die Veränderung und Aufbruch zu Neuem als Chance
begreifen. In der Finanzbranche ist es die Deutsche Börse. Deutsche
Banken zählen leider nicht zu den Game-Changern, sie sind im
Gegenteil Gefangene ihrer eigenen Vergangenheit und Spielball der
Politik geworden.

Denn die Politik in Deutschland und Europa gefällt sich darin,
immer eifriger an zahllosen Rädchen zu drehen und das Geflecht ihrer
Einflussnahme auf die Wirtschaft immer enger zu knüpfen, nicht nur in
der Regulierung der Finanzmärkte. Die Bürger aber spüren die Flucht
der Regierungen ins Kleinteilige, ins Weiterwursteln, in faule
Kompromisse. Sie erwarten, dass Politik nicht nur effizient
verwaltet, sondern neu denkt und Wege vorschlägt, um die
Herausforderungen durch Demografie, Globalisierung, Digitalisierung,
Cyberkrieg und internationalen Terrorismus zu bestehen. Dem Volk aufs
Maul zu schauen und das Fähnchen rechtzeitig in den Wind zu hängen,
reicht nicht mehr. Die Bürger sehnen sich nach politischer
Leadership. Das ist die Botschaft des Jahres 2016. Wer sie nicht
beherzigt, sei es in der Wirtschaft, sei es in der Politik, wird 2017
nicht bestehen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: B?rsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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