Mitteldeutsche Zeitung: Sachsen-Anhalt/Kultur
US-Literaturwissenschaftler Guy Stern nennt Trump "völlig unberechenbar"
Geschrieben am 14-01-2017 |
Halle (ots) - Der in den USA lebende Literaturwissenschaftler und
Vizepräsident der Kurt Weill Foundation, Guy Stern, warnt in einem
Interview mit der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung"
(Samstagausgabe) vor Gefahren populistischer Politik in den USA, aber
auch in Europa und Deutschland. Stern, der am 14. Januar 95 Jahre
alt wird, nennt den kommenden US-Präsidenten Donald Trump "vollkommen
unberechenbar ... Was er heute sagt, kann morgen dementiert werden.
Und umgekehrt. Deshalb sind die Sorgen berechtigt - sowohl, was
unsere Innenpolitik betrifft, als auch die auswärtigen Beziehungen".
Wenn Trump am 20. Januar ins Weiße Haus einzieht, werde ihm, Stern,
übel werden. Über die Verhältnisse in Deutschland, wo er mehrfach als
Gastprofessor an Universitäten Vorlesungen hielt, sagt er, dort
hätten sich "alle möglichen Leute um die Fahne der AfD geschart. Da
weiß man nicht, wer morgen die Führung übernehmen wird".
Guy Stern, 1922 in Hildesheim geboren, gelang es 1937 als einzigem
Mitglied seiner Familie, das nationalsozialistische Deutschland zu
verlassen, seine Eltern und Geschwister kamen im Holocaust um. Über
die Wahlerfolge der rechten Parteien sagt er, sie sprächen dafür,
"dass viele nicht mehr wissen, dass sie gebrannte Kinder sind - nur
eben drei Generationen entfernt. Und sie erinnern sich nicht mehr
daran, was damals über das Land und die Menschen gekommen ist". Wie
er trotz der Trauer um seine ermordeten Angehörigen die Kraft fand,
nach Kriegsende auf Deutsche zuzugehen? "Man kann keine
Pauschalurteile fällen. Es gab ja Anständige unter den Deutschen ...
Diese alle in einen Topf zu werfen, wäre falsch gewesen. Und es kam
eine neue Generation nach dem Krieg; viele ... wollten in Kontakt
treten mit mir. Das habe ich als ein Zeichen gesehen für ein
nationales Lernen aus der Vergangenheit. Ich hoffe, dass dieses Bild
jetzt nicht in den Schatten tritt."
Anlässlich seines Geburtstages wird Guy Stern von der
französischen Republik mit dem Orden "Ritter der Ehrenlegion", der
höchsten Auszeichnung des Landes, geehrt. Stern war 1944 mit den
sogenannten Ritchie Boys, einer militärischen Nachrichteneinheit,
unmittelbar nach den kämpfenden Truppen in der Normandie gelandet.
Die Truppe verhörte deutsche Kriegsgefangene und Überläufer.
Das Geheimnis seines langen Lebens und seiner hohen Präsenz
beschreibt Stern in dem Interview so: "Ich halte Diät. Ich treibe
Gymnastik, jeden Morgen. Mentales Training kommt hinzu. Und eine
junge Frau."
Pressekontakt:
Mitteldeutsche Zeitung
Hartmut Augustin
Telefon: 0345 565 4200
Original-Content von: Mitteldeutsche Zeitung, übermittelt durch news aktuell
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