Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Ökumene: Das Paradoxon der Ökumene von Julius Müller-Meiningen
Geschrieben am 06-02-2017 |
Regensburg (ots) - Warum eigentlich Ökumene? Die christlichen
Kirchen sind seit etwa 500 Jahren getrennt, seit Reformator Martin
Luther seine 95 Thesen an der Türe der Schlosskirche in Wittenberg
anschlug und damit letztlich die Abspaltung der Protestanten von der
katholischen Kirche auslöste. Die christliche Botschaft sei weniger
glaubwürdig, wenn die Christen nicht mit einer Stimme sprechen. Die
Zeiten für die Ökumene sind günstig wie lange nicht. Das liegt vor
allem an Papst Franziskus, der den Einheitsprozess als persönliches
Anliegen vorantreibt. Auf theologische Unterschiede legt Franziskus
keinen besonderen Wert, darin liegt die Chance der Ökumene 500 Jahre
nach dem Beginn der Kirchenspaltung begründet. Gerade im sozialen
Bereich bietet sich den Kirchen angesichts der weltweiten
Veränderungen eine besondere Chance. Armen und Flüchtlingen zu
helfen, ist das eine. Glaubwürdig wird das Bemühen um die Einheit
allerdings vor allem dann, wenn auch dogmatische Unterschiede
angegangen werden. Doch hier bleibt ein unlösbares Dilemma. Neben
ethischen Differenzen, einem unterschiedlichen Verständnis von Kirche
und Priesterweihe ist das größte Hindernis der Ökumene der päpstliche
Primat. Protestanten erkennen ihn nicht an. Doch viele von ihnen
lieben Franziskus. Jorge Bergoglio ist Motor der Ökumene, aber sein
Amt macht die Kluft letztendlich unüberwindbar. Das ist das Paradoxon
der Ökumene.
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