Weser-Kurier: Gedanken zum Terror von Moritz Döbler:
Geschrieben am 23-05-2017 |
Bremen (ots) - Dieser Text zählt rund 400 Wörter. Es sind auf
jeden Fall zu wenige, um dem Anschlag von Manchester, dem Leid, der
Angst gerecht zu werden. Und doch sind es auch zu viele. Denn was
soll man angesichts des immer neuen Terrors, der stets die gleichen
hilflosen Botschaften der Trauer und des Mitgefühls auslöst,
eigentlich diesmal noch sagen? "Ich habe keine Worte", twitterte
Ariana Grande, nachdem der Selbstmordattentäter seine Bombe zwischen
den Besuchern ihres Konzerts gezündet hatte.
Keine Worte zu haben, ist menschlich, aber angesichts der
bedrohlichen Lage falsch. Denn der Kampf gegen die Terroristen wird
durch Worte gewonnen werden müssen. Die schärfsten
Sicherheitsvorkehrungen böten doch keinen totalen Schutz gegen
Einzeltäter, die größte Militäroffensive könnte den Islamismus doch
nicht vernichten. Die freie Gesellschaft muss sich zwar besser
schützen, und dafür sind mehr Polizei und mehr Militär leider
notwendig - aber eben nicht hinreichend. Die freie Gesellschaft muss
Haltung zeigen.
Anders als Ariana Grande hat Donald Trump schnell Worte gefunden.
Aber sie führen in die Irre. Er wolle die Terroristen nicht Monster
nennen, denn das würde ihnen gefallen, sagte er bei seinem Besuch in
Israel. Es handele sich vielmehr um "böse Verlierer", die junge,
schöne, unschuldige Menschen töteten. Es ist genau diese
pseudoreligiöse zornige Rhetorik von Gut und Böse, die gerade nicht
für eine freie Gesellschaft steht.
Ariana Grande scheint einen Sinn für dieses Thema zu haben. Im
Titelsong ihres neuen Albums "Dangerous Woman" (Gefährliche Frau)
singt die 23-Jährige darüber, wie ein Mann ihre Leidenschaft weckt.
Sie spricht von "den bösen Mädchen im Inneren", und der ganze Song
dreht sich darum, dass sie Dinge tut, die sie eigentlich nicht tun
sollte - dass sie sich also Freiheiten nimmt.
Es ist nicht anzunehmen, dass es dem Täter von Manchester bewusst
um diesen Songtext oder diese Sängerin ging. Aber dass Frauen sich
Freiheiten nehmen, gilt Islamisten als besonders verwerflich.
Kulturelle Freiheit, Ausgelassenheit und gute Stimmung sind
Anschlagsziele geworden, der Daesch ruft aktuell zu Angriffen auf
Konzerte von "Ungläubigen", Straßenfeste, Paraden und Fußgängerzonen
auf.
Die Bedrohung ist umfassend und zugleich punktuell, die Menschen
können sich nicht darauf einstellen. Und so wachsam und wehrhaft der
Staat künftig auch sein muss und unweigerlich sein wird, so wenig
kann er den Terror doch besiegen. Der Terror muss versiegen, und
dafür muss sich die freie Gesellschaft beweisen. Mit Zorn und
Verachtung, selbst mit Gewalt ist dem Islamismus nicht vollständig
beizukommen, sondern nur mit einer besseren Welt, mit Hoffnung. Am
Ende zählen Worte mehr als Bomben.
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Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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