Neues Modelabel entwirft Nachhaltiges für Allergiker / "Die Textilbranche hat uns noch nicht auf dem Schirm" (FOTO)
Geschrieben am 18-06-2017 |
Berlin (ots) -
Farbecht, schmutzabweisend, knitterfrei und formbeständig: Der in
vielen Kleidungsstücken enthaltene Chemiecocktail hat es in sich.
Experten warnen seit Jahren vor den damit verbundenen Gesundheits-
und Umweltschäden. Gekauft wird trotzdem. Die giftige Gefahr, die
viele beim Tragen der Kleidung kaum wahrnehmen, für Menschen mit
Hautleiden wird sie rasch zur Qual. Auch Schnitte und Nähte, die die
Haut mechanisch reizen, machen aus Couture Tortur. Sabine Schmidt
weiß das aus eigener Erfahrung. Die 51-jährige Berlinerin litt viele
Jahre an einer starken Neurodermitis. Jetzt hat sie das erste
Modelabel für "Hautkleidung" gegründet.
Kaum einen Gebrauchsgegenstand lassen wir so nahe an uns heran wie
Kleidung. Doch wie gut wissen wir Bescheid über das, was wir auf der
Haut tragen? Die Reihe der chemischen Prozesse, die unsere Garderobe
farb- und formbeständig, knitterfest und fusselfrei machen, ist lang.
Die Etiketten verraten nichts darüber. Ob bei der Anpflanzung von
Baumwolle, Flachs oder beim Seidenbau eingesetzte Insektizide und
Pestizide, ob Farbstoffe, Imprägnierungen oder synthetische
Beimischungen - der toxische Cocktail, der in vielen Kleidern steckt,
würde einen dicken Beipackzettel füllen. Hunderte so genannter
Ausrüststoffe machen eine Kennzeichnungspflicht schwierig. Die wäre
aus Sicht vieler wünschenswert. So ist nach Auffassung von Experten
allein von rund 1600 eingesetzten Farben nur ein verschwindender Teil
unbedenklich. Zahlreiche Stoffe gelten als fruchtschädigend und
krebserregend. Noch dazu sind sie biologisch nicht abbaubar. Über die
genaue Wirkung der meisten eingesetzten Chemikalien jedoch ist
schlicht wenig bekannt. Umfassende Kenntnisse über mögliche Risiken
fehlen nach Aussage des Bundesinstituts für Risikobewertung allein
schon deshalb, weil es keinerlei Zulassungs- oder Anmeldepflicht für
Textilien gibt.
Textilsiegel bieten Schutz
Experten warnen seit Jahren vor den schweren Gesundheits- und
Umweltschäden, die die giftigen Zusätze von der Produktion bis zur
Entsorgung von Kleidung anrichten. Dringend empfohlen wird daher auch
die gründliche Wäsche neuer Kleidungsstücke vor dem ersten Tragen.
Nur: Reicht das aus? Hautärzte vermuten, dass die Zunahme von
Kontaktallergien besonders auch den Kleidergiften geschuldet ist.
Doch fehlt hier noch der wissenschaftliche Nachweis. "Es gibt keine
einheitlichen Produktionsstandards. Allein die chemischen Farbstoffe
in den Textilien sind so unterschiedlich zusammengesetzt, dass das
Ergebnis unserer Studie dazu unbefriedigend war", berichtet der
Erlangener Dermatologe Wolfgang Uter über eine der seltenen
Untersuchungen zu dem Thema. Für unbedenklich hält er die Textilien
dennoch nicht. Von insgesamt 3.041 Testpersonen hatten 40 auf die
enthaltenen chemischen Farbstoffe reagiert. Immerhin verzichteten
heute viele Hersteller auf eine Reihe problematischer Chemikalien und
produzierten nach strengeren Standards. "Wer beim Kleiderkauf auf
Nummer Sicher gehen will, sollte auf entsprechende Textilsiegel
achten", rät Wolfgang Uter.
Textilbranche rechnet nicht mit Hautempfindlichen
Von denen gibt es neben dem am weitesten verbreiteten Öko-Tex 100
inzwischen eine ganze Reihe. So bieten etwa Ökolabels wie Avocado
Store, Cotonea, Grüne Erde oder Hess Natur einer wachsenden
Kundschaft Giftfreies aus ökologisch zertifizierter Produktion an.
Selbst Textilriesen wie C&A oder H&M haben das Geschäft mit den
Öko-Siegeln entdeckt. Doch wer seine Haut, die Umwelt und die in der
Textilbranche Beschäftigten zuverlässig schonen will, muss sich
auskennen im Dschungel der Zertifikate. So entdeckt etwa Greenpeace
bei allen Siegelanbietern Verbesserungsbedarf, auch mit Blick auf die
beim Färben und in der Textilveredelung eingesetzten Chemikalien.
Allerdings sind Menschen mit Hautleiden nicht einmal dann gewappnet,
wenn sie Giftfreies aus ökologisch zertifizierter Produktion
anziehen: "Ein rauer Baumwollstoff kann noch so ökologisch produziert
sein, die mechanische Reibung mit der Stoffoberfläche reizt die
empfindliche Haut," weiß Xaxiraxi-Gründerin Sabine Schmidt aus
eigener Erfahrung. Ähnliches gelte für gewebte Stoffe aus Leinen, für
Wolle und für Nähte. Auch Kleiderschnitte, bei denen an empfindlichen
Stellen, etwa in der Achselhöhle Reibung erzeugt wird, machten vielen
Hautempfindlichen das Leben schwer. Ihr nüchternes Fazit: "Die
Ökolabels sind ein großer Silberstreif am Horizont. Aber sie rechnen
kaum mit uns. Die Textilbranche hat uns einfach noch nicht auf dem
Schirm."
"Wenn niemand sonst das anbietet, muss ich es selber machen."
Dabei ist die Zahl potenzieller Kunden hoch. Quälender Juckreiz,
massive Rötungen, rissige Haut. Die Angaben dazu, wie viele Menschen
sich in Deutschland allein mit Neurodermitis plagen, gehen
auseinander. Dermatologen rechnen jedoch mit mindestens vier
Millionen Betroffenen. Und jährlich werden es mehr. Schon 2013 hat
das Robert-Koch-Institut im Rahmen einer Allergie-Studie auf die
Zunahme von Allergien in den vergangenen Jahrzehnten hingewiesen.
Rund 3,5 Prozent der Erwachsenen in Deutschland erkrankten demnach im
Laufe ihres Lebens an einer Neurodermitis, rund acht Prozent an einer
Kontaktallergie. "Hautfreundliche Kleidung kann viele Probleme
lösen," ist Sabine Schmidt überzeugt. Sie war es leid,
Kleidungsstücke immer wieder verschenken zu müssen, weil ihre Haut
allergisch reagierte. Auch konnte sie auf der Suche nach attraktiver
Kleidung für Allergiker nirgendwo fündig werden und so reifte der
Entschluss: "Wenn niemand so etwas anbietet, muss ich das eben selbst
machen." Die studierte Diplomkauffrau vertiefte sich in Textilkunde
und Herstellungsprozesse, sprach mit Produktionsfirmen und Designern
und kreierte ihre erste bis zu den Nähten hin hautfreundliche,
exklusive Sommerkollektion für Frauen.
Gut zur Haut und gut für die Lebensfreude
Dabei geht es der Unternehmerin mit ihren lebensfrohen Entwürfen
um weit mehr als die Vermeidung von unnötigen Hautreizungen. "Ich
will mich schön fühlen können und Freude am Leben haben, auch wenn
meine Haut aufgerissen, blutig gekratzt oder schuppig ist. Wie oft
zieht man sich gerade im Sommer resigniert in die eigenen vier Wände
zurück, weil die einzige Alternative darin besteht, unter Lagen von
Stoff zu schwitzen, um die Haut zu verstecken. Das tut weder der Haut
noch einem selbst gut. Deshalb habe ich meine eigenen Stoff-Designs
entwickeln lassen. Die bunten Muster kaschieren perfekt. Und meine
Schnitte schützen die empfindlichen Körperstellen und lassen trotzdem
viel Luft an die Haut."
Klares Signal in die Branche
Bisher hat sie nur ein paar Eingeweihte begeistert. Seit Juni
vertreibt sie unter dem Modelabel "Xaxiraxi" ihre eigens für
Allergiker entworfenen und hergestellten Tuniken, Kleider, Hosen und
Boleros aus Bio-Baumwolle. Der Weg bis zum Online-Shop war steinig.
Erschwinglich sollte ihre Mode sein, und - das war ihr besonders
wichtig - hergestellt unter würdigen Produktionsbedingungen. So
günstig lasse sich in geringer Auflage nicht nachhaltig, fair und
hautfreundlich produzieren, hatten ihr Branchenkenner
entgegengehalten. Sabine Schmidt hat sich davon nicht beirren lassen:
In Gera fand sie einen Fashion-Spezialisten, der Schnitte und Nähte
nach ihren Vorgaben entwirft. In Berlin begegnete sie in Katrin Dauer
von Biostoffe-Berlin einer Textildesignerin, die weiß, worauf es bei
Kreationen aus Bio-Baumwolle ankommt und für Xaxiraxi mit einer nach
dem Ökostandard GOTS zertifizierten Produktionsfirma
zusammenarbeitet. Mit ihrer ersten Sommerkollektion, zu finden im
Onlineshop unter Xaxiraxi.com, beweist Sabine Schmidt den Skeptikern
jetzt das Gegenteil: farbenfroh, hautfreundlich und selbstbewusst.
Ein deutliches Signal in die Textilbranche.
Leserservice
Was leisten die Ökosiegel? Greenpeace hat sie unter die Lupe
genommen. Eine Liste und Beschreibung der grünen Zertifikate finden
Sie hier: Textil-Label unter der Detox-Lupe, 4. Auflage 2016, hrsg.
von Greenpeace http://ots.de/vtfMB
Nützliche Tipps aus Sicht einer Betroffenen gibt Sabine Schmidt
bei Facebook: https://www.facebook.com/Neurodermitisverstehen und
unter: www.xaxiraxi.com Hier finden Sie auch Ihre Sommerkollektion.
Für Ihre Recherche
Toxische Textilien Über die genauen Risiken von in Textilien
enthaltenen Chemikalien ist noch zu wenig bekannt. Das Bundesinstitut
für Risikoforschung hat daher einen eigenen Ausschuss eingerichtet,
der sich mit der Risikobewertung von Textilien und Leder beschäftigt.
http://ots.de/IO06I
Textilbranche unter Druck Mit Erfolg setzt sich Greenpeace seit
2011 im Rahmen seiner Detox-Kampagne für ein Verbot aller
gefährlichen Chemikalien in Textilien und für soziale
Produktionsbedingungen ein. Nach Angaben der Organisation (Stand
2016) haben sich seither 34 Marken dazu verpflichtet, bis 2020
giftfrei zu produzieren, darunter Fashion-Ketten wie H & M,
Sportartikel-Hersteller wie Adidas, Nobel-Marken wie Valentino,
Billiganbieter wie Aldi und mit Prato eine ganze Textilregion. Auch
einige Discounter haben sich angeschlossen, darunter Lidl,
Rewe/Penny, Kaufland, Tchibo und Aldi. Das entspricht laut Greenpeace
gut 15 Prozent der Textilindustrie weltweit. Quelle: Textil-Label
unter der Detox-Lupe, 4. Auflage 2016, hrsg. von Greenpeace
http://ots.de/vtfMB
Zunahme von Allergien Für zunehmende Sensibilisierung in Sachen
toxische Textilien dürfte auch die wachsende Zahl der Allergien
sorgen. Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts stellten in
Deutschland eine deutliche Zunahme auch von Neurodermitis und
Kontaktallergien fest. Die genauen Ursachen für die Zunahme sind bis
heute nicht geklärt. Die Forscher vermuten, nicht zuletzt auf
Grundlage eines signifikanten Anstiegs von Krankheitsfällen in den
neuen Bundesländern nach der Wende, dass die Ursachen dafür vor allem
im westlichen Lebensstil zu suchen sind. Quelle:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 5/6
· 2013.
https://edoc.rki.de/oa/articles/reSp8JYqnpVo/PDF/20xkoi9E0FU4w.pdf
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Pressekontakt:
Xaxiraxi
Kommunikation
Karin Lange
Tel.: +49 (0) 175 2604260 Mail: presse@xaxiraxi.com
Original-Content von: Xaxiraxi, übermittelt durch news aktuell
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