(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: "Alternative Herausforderung" / Ein Kommentar der Mittelbayerischen Zeitung zur AfD

Geschrieben am 03-12-2017

Regensburg (ots) - Vorhang zu und viele Fragen offen. Die AfD hat
auf ihrem Parteitag in Hannover zum Teil anderes Führungspersonal
gewählt und sich kräftig an den "Altparteien" abgearbeitet, was
gewissermaßen ein Lebenselixier für sie ist. Dennoch bleibt unklar,
wohin genau das national-konservative Duo Meuthen-Gauland die AfD
führen will. Die AfD ist und bleibt eine Herausforderung. Für andere
Parteien, für die Gesellschaft, aber auch für die AfD selbst. Zwar
wurden die inneren Konflikte der Alternativen in Hannover nicht mehr
derart offen und ungestüm ausgetragen, wie das auf vorangegangenen
Kongressen der Fall war. Doch die Risse, die politischen Widersprüche
bleiben erkennbar. Der - nicht ganz freiwillige - Abgang der
einstigen Galionsfigur Frauke Petry hat die Auseinandersetzungen in
der AfD nicht beendet, sondern ihnen lediglich etwas Schärfe
genommen. Die Ex-Vorsitzende, die vor über zwei Jahren den
Parteigründer Bernd Lucke ausbootete, kam ihrem Absturz in der AfD
zuvor. Sie warf einen Tag nach der Bundestagswahl, bei der sie in
Sachsen ein Direktmandat erreicht hatte, ihr Parteiamt hin. Ihr
Einfluss war ohnehin extrem gesunken. Mit der Wiederwahl von Jörg
Meuthen und der Wahl von Alexander Gauland zu Vorsitzenden, die beide
für einen harten, unversöhnlichen Oppositionskurs gegen die
"Etablierten" stehen, schiebt sich die AfD nun noch weiter nach
rechts. Pragmatische Kräfte, wie der Ex-Bundeswehroffizier Georg
Pazderski, der mit einem Bündnis mit Union und Liberalen liebäugelt,
hatten dagegen keine Chance. Was aus dieser Konstellation für die
praktisch-politische Arbeit in den Landesparlamenten sowie im
Bundestag folgt, bleibt ungewiss. Es ist möglich, dass die AfD nun
noch fundamentaler, noch völkischer attackiert und argumentiert, als
sie es bislang bereits tut. Es dürfte rauer, zerstörerischer zugehen
im Bundestag und in den Ländern. Aber nicht konstruktiver, nicht
lösungsorientierter. Die AfD versteht sich als Stachel im Fleisch des
demokratischen Systems, als oberste Protestpartei. Mehr will und kann
sie offenbar auch nicht sein. Den Praxistest auf ihre markigen
politischen Forderungen - vom Austritt aus der EU, der Rückkehr zur
D-Mark oder Null-Zuwanderung - muss sie nicht antreten. Zum Glück.
Die AfD stellt sich damit in eine Reihe mit dem französischen Front
National von Marine Le Pen, mit der "Freiheitspartei" von Geert
Wilders in den Niederlanden, mit der italienischen Lega Nord von
Umberto Bossi in Italien sowie mit anderen europakritischen,
national-konservativen Parteien und Strömungen, die in allen
EU-Ländern mehr oder weniger großen Zulauf verzeichnen. Ihr
gemeinsames Motto lautet: zurück in die Zukunft. Doch so verständlich
in bewegten Zeiten der Wunsch nach dem guten alten Nationalstaat,
nationaler Währung und der Abschottung der Gesellschaft für viele
Menschen sein mag, die Herausforderungen der Zukunft sind damit so
wenig zu lösen, wie man Wasser aus einem lecken Kahn nicht mit einem
Sieb schöpfen kann. Dabei ist das Scheitern einer Jamaika-Koalition
und das Gezerre um eine erneute Groko natürlich Wasser auf die Mühlen
der AfD. Die können es nicht, reibt man sich die Hände. Dass zum
gemeinsamen Regieren die Fähigkeit gehört, Kompromisse auszuhandeln
und Vertrauen aufzubauen, ficht die Gaulands, Meuthens, Höckes und
Co. nicht an. Womöglich fällt unter der neuen AfD-Führung auch das
Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke unter den Tisch, der das
Holocaust-Mahnmal in Berlin als Denkmal der Schande bezeichnet hatte.
Es würde zur Politik des neuen Führungsduos passen, dass man
Provokateure von Rechtsaußen an der langen Leine laufen lässt.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

616955

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Geständnis von Ex-Trump-Berater Es brennt lichterloh Dirk Hautkapp, Washington Bielefeld (ots) - Es sollte ein Tag der Endlich-haben-wir-mal-was-hingekriegt-Freude bei den Republikanern und ihrem Präsidenten Donald Trump werden. Die Aussicht auf eine historische Steuerreform, und sei sie auch sozial noch so unausgewogen und teuer, erzeugte in Washingtons konservativen Kreisen Euphorie. Dann kam Michael Flynn. Dass der frühere Nationale Sicherheitsberater Trumps in der Russland-Affäre die Hosen herunterlassen würde, hatte sich abgezeichnet. Wie er es tat und dabei eine direkte Linie ins Weiße Haus legte, löst mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Weiter rechts? / Kommentar von Reinhard Breidenbach zum AfD-Parteitag Mainz (ots) - So richtig freuen über den AfD-Parteitag in Hannover kann sich eigentlich nur einer: Björn Höcke, Vorsitzender in Thüringen. Er wurde in Nordrhein-Westfalen geboren und arbeitete in Hessen als Lehrer für Sport und Geschichte. Geschichte - das ist insofern bemerkenswert, als Höcke in unsäglicher Weise rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet. Höcke ist, wenn man ihn gewähren lässt, ein gefährlicher Politiker. Es droht die Gefahr, dass er - mehr noch als bislang schon - rassistische und anderweitig menschenverachtende mehr...

  • Berliner Zeitung: Kommentar zur CSU. Von Daniela Vates Berlin (ots) - Der Kampf mit der CDU um die Flüchtlingspolitik, der beide Parteien in Schwierigkeiten gebracht hat, wäre wesentlich gesitteter abgelaufen, wenn er nicht gleichzeitig noch ein CSU-internes Schattenboxen gewesen wäre. Nun steht die Partei als gefledderter Haufen da, in dem nicht Vernunft, sondern Neid, Missgunst und üble Nachrede regiert. Mit Wert- und Moralpredigten braucht so eine Partei länger nicht mehr zu kommen, als Regierungspartei hat sie sich nun wirklich nicht empfohlen und künftige Einigkeitsschwüre wird mehr...

  • Rheinische Post: Vorschule wäre sinnvoll Kommentar Von Kirsten Bialdiga Düsseldorf (ots) - Noch vor wenigen Jahren konnten Kinder gar nicht früh genug eingeschult werden. Monat für Monat wurde im Einschulungsjahr der Stichtag für den sechsten Geburtstag nach hinten gelegt. Dahinter steckte die Überzeugung, dass in der Grundschule ohnehin jedes Kind individuell zu fördern sei, weshalb das Alter keine entscheidende Rolle spiele. Doch die Klagen der Lehrer über unkonzentrierte und unselbstständige Schüler wurden lauter. Und Eltern erlebten, wie ihre zu jungen Kinder schon nach wenigen Wochen die Lust am mehr...

  • Rheinische Post: Rente muss zurück zur Ursprungsidee Kommentar Von Eva Quadbeck Düsseldorf (ots) - Die Marke von 100 Milliarden Euro Zuschuss pro Jahr für die Rente, die bald erreicht wird, sollte Anlass sein, einmal innezuhalten. Die Ausgaben für die Rente werden in Zukunft auch ohne zusätzliche Leistungen durch die Decke gehen. Dafür sorgt allein die Alterung der Bevölkerung, die zu längeren Renten-Bezugszeiten und weniger beitragszahlenden Arbeitnehmern führt. Sollte es zu einer Neuauflage der großen Koalition kommen, muss sie der Versuchung widerstehen, erneut alle politischen Forderungen einfach zu addieren mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht