Deutsche Umwelthilfe fordert von Landwirtschaftsminister Schmidt nachhaltige Fangquoten und Fangverbot für akut vom Aussterben bedrohten Aal
Geschrieben am 06-12-2017 |
Berlin (ots) - Fangquoten müssen endlich mit wissenschaftlichen
Gutachten übereinstimmen - Nur so kann Fischereireform von 2013
rechtskonform umgesetzt und Überfischung gestoppt werden - Fangverbot
für Europäischen Aal im Interesse künftiger Fischereimöglichkeiten
unumgänglich
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert den für Fischerei
zuständigen geschäftsführenden Bundesminister für Landwirtschaft und
Ernährung Christian Schmidt und seine EU-Amtskollegen auf, bei der
Sitzung des EU-Ministerrats am 11. und 12. Dezember keine über die
wissenschaftlichen Empfehlungen hinausgehenden Fischfangquoten für
2018 in Nordsee und Nordostatlantik zu beschließen. Außerdem sollten
die Minister unbedingt dem Vorschlag der EU-Kommission für ein
Fangverbot des Europäischen Aals zustimmen, der nach katastrophalen
Bestandsrückgängen in den letzten Jahren in der Roten Liste der
Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for the Conservation
of Nature and the Natural Ressources) in der höchsten Kategorie als
vom Aussterben bedroht gelistet wird.
"Nur, wenn die wissenschaftlichen Empfehlungen befolgt werden,
sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Fischerei in der EU
eingehalten und eine Erholung der Bestände bis 2020 ist möglich",
sagt Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer. "Was den Aal
angeht, ist es durch die von den Ministern in den letzten Jahren
zugelassene dramatische Überfischung inzwischen fünf vor zwölf. Ohne
Fangverbot wird es den Aal, den fast jeder kennt, in wenigen Jahren
nicht mehr in unseren Flüssen und auf unseren Tellern geben."
Bei der Sitzung am 11. und 12. Dezember muss sich der Rat für
Landwirtschaft und Fischerei für das Jahr 2018 auf Fangmöglichkeiten
für den Atlantik, die Nordsee und andere Gebiete einigen. Bereits im
Oktober 2017 wurden die Gesamtfangmengen für die Bestände in der
Ostsee festgelegt. Seit einer umfassenden Reform der Gemeinsamen
Fischereipolitik (GFP) 2013 sind inzwischen fast vier Jahre
vergangen, und noch immer sind ihre Ziele bei weitem nicht erreicht.
Für den akut vom Aussterben bedrohten Europäischen Aal wurde von
der EU-Kommission ein Fangverbot vorgeschlagen, nachdem
wissenschaftliche Gutachten nachdrücklich darauf hingewiesen haben,
wie wichtig es ist, alle gezielten Fischereien auf laichfähige Aale
einzustellen, bis sich der Zustand des Bestands nachweislich klar
verbessert hat. Aufgrund menschlicher Einflüsse hat sich der Zustand
des Aalbestands zunehmend verschlechtert und gilt nun als kritisch:
Der Bestand ist in den vergangenen 30 Jahren auf weniger als fünf
Prozent geschrumpft. Die Fischerei soll nun dem Gutachten des ICES
(International Council for the Exploration of the Sea) zufolge
eingestellt werden, damit sich der Bestand durch Reproduktion wieder
vergrößern kann.
"Nachdem Erhaltungsmaßnahmen in Form der auch vom
Landwirtschaftsministerium favorisierten Managementpläne den
Niedergang des Bestands bis hin zu dem derzeitigen kritischen Zustand
nicht haben verhindern können, ist ein umfassendes und sofortiges
Fangverbot für alle erwachsenen Aale das letzte Mittel, um diese
außergewöhnliche, weit wandernde Art zu retten", sagt Ulrich Stöcker,
DUH-Leiter Naturschutz. "Es ist besser, diese Art für einige Zeit gar
nicht zu befischen als dies dann überhaupt nicht mehr zu können. Ein
anderer Beschluss, der eine weitere Befischung erlaubt, käme nach
derzeitigem Erkenntnisstand einer geplanten Ausrottung gleich, der
sich die Minister sehenden Auges schuldig machen würden."
Hintergrund:
Alljährlich schlägt die Europäische Kommission auf der Grundlage
wissenschaftlicher Empfehlungen Fangmöglichkeiten für die von der EU
bewirtschafteten Fischbestände vor. Maßgeblich sind hierfür die
wissenschaftlichen Gutachten des Internationalen Rats für
Meeresforschung (ICES) und des die EU-Kommission beratenden
Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei
(STECF).
Weiterhin bestehen große Mängel bei der Umsetzung nachhaltiger
Fanggrenzen gem. Art. 2 Abs. 2 Grundverordnung für die GFP. Danach
sollte die Überfischung "soweit möglich bereits bis 2015 beendet
werden, was "nun spätestens und unter allen Umständen bis 2020"
erfolgen soll. Die EU hat bereits das auf dem
UN-Nachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg (2002) international
vereinbarte Ziel, den höchstmöglichen Dauerertrag (Maximum
Sustainable Yield, MSY) für alle Bestände bis 2015 zu erreichen,
verstreichen lassen. Dieser international vereinbarte
Nachhaltigkeitsmaßstab für Fischbestände soll nicht nur aus
Umweltsicht gesunde Größen der Fischpopulationen, sondern zugleich
größtmögliche Erträge für die Fischereiwirtschaft ermöglichen. Mit
Inkrafttreten am 1.1.2014 hat die EU die GFP reformiert und in deren
sogenannten Grundverordnung das Jahr 2020 als neue Zeitgrenze für das
Erreichen nachhaltiger Bestände festgelegt. Bis dahin sollen
schrittweise weitere Kürzungen der Gesamtfangmengen pro Bestand
erfolgen. Konkret sollen die Fischbestände in einem Umfang
wiederhergestellt werden, der oberhalb des Niveaus der Biomasse
liegt, das den MSY ermöglicht. Um sicherzustellen, dass die
Fangquoten im Einklang mit diesem Nachhaltigkeitsziel festgelegt
werden, sieht die GFP-Grundverordnung vor, dass sie auf den besten
verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten beruhen müssen.
Der Rat der für Fischerei zuständigen Minister der
EU-Mitgliedstaaten hat allerdings in der Vergangenheit regelmäßig
Fangmengen beschlossen, die jenseits dieser wissenschaftlichen
Empfehlungen lagen. Laut einer aktuellen Studie des STECF werden 40
Prozent der wissenschaftlich untersuchten Bestände weiterhin oberhalb
von MSY befischt. Das Tempo, in dem die Fanggrenzen in den
vergangenen Jahren in Übereinstimmung mit MSY gebracht wurden, hält
der STECF für unzureichend, um wie vorgeschrieben bis 2020
nachhaltige Nutzungsgrade für alle Bestände zu erreichen.
Aus dem Vorschlag der EU-Kommission: "Maßnahmen für Europäischen
Aal"
Der Lebenszyklus des Europäischen Aals ist sehr komplex, da es
sich um eine langlebige Art handelt, die geografisch weit gestreut
ist. Neuere Daten deuten darauf hin, dass Aale in der Sargassosee
laichen und dass ihre Larven mit den Meeresströmungen den
europäischen und nordafrikanischen Festlandsockel erreichen und dort
zu Glasaalen werden, bevor sie in Binnengewässer einwandern.
In wissenschaftlichen Gutachten hieß es bereits mehrmals: "...
wenn für den Europäischen Aal das Vorsorgeprinzip angewendet wird,
sollten alle anthropogenen Einflüsse (z. B. Freizeitfischerei und
gewerbliche Fischerei auf allen Ebenen, Wasserkraftwerke,
Pumpstationen, Verschmutzung), durch die die Entstehung und
Abwanderung von Blankaalen eingeschränkt wird, möglichst auf Null
reduziert oder gehalten werden."
Gemäß ICES-Gutachten ist es wichtig, dass alle gezielten
Fischereien auf laichfähige Tiere eingestellt werden, bis sich der
Zustand des Bestands nachweislich klar verbessert hat. Bis eine
längerfristige Lösung gefunden wurde, ist es daher angesichts dieser
strikten Aussage im ICES-Gutachten zweckmäßig, jegliche Befischung
von Europäischem Aal in den Unionsgewässern des ICES-Gebiets und in
der Ostsee im Jahr 2018 zu verbieten."
Pressekontakt:
Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz und Biodiversität
0160 8950556, stoecker@duh.de
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe
Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell
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