rbb exklusiv: Berliner Polizei setzte bundeseinheitliches Fahnungskonzept im Fall Amri anscheinend nicht um / Verbleib von Amri kurz vor dem Attentat ungeklärt
Geschrieben am 08-12-2017 |
Berlin (ots) - Im Fall des Attentäters vom Breitscheidplatz, Anis
Amri, muss sich die Berliner Polizei ein weiteres Versäumnis
vorwerfen lassen. Nach Informationen des Rundfunks Berlin-Brandenburg
(RBB) und der Berliner Morgenpost (Freitagsausgabe) forderte das
Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen die Hauptstadtfahnder
wenige Wochen vor dem Anschlag auf, aktuelle Informationen zu Amris
Aufenthaltsort zu übermitteln.
Laut dem bundeseinheitlichen Rahmenkonzept "Maßnahme 300", das
nach Anschlag auf das World Trade Center im September 2001
beschlossen wurde, sollen die Sicherheitsbehörden jederzeit den
Aufenthaltsort potentieller terroristischer Gewalttäter, sog.
Gefährder, kennen. Ziel ist es, im Falle eines Anschlags ihren
Verbleib zu kontrollieren. Aus diesem Grund wendete sich das LKA NRW
an die Berliner Polizei.
Die Berliner Polizei unternahm jedoch offenbar keinen Versuch, den
Verbleib des Gefährders aufzuklären. Die Beamten des LKA
Nordrhein-Westfalen erhielten keine Antwort. Bereits im Oktober 2016
notierten sie, man habe Amri nach Angaben des LKA Berlin " seit
Wochen ... nicht mehr unter Kontrolle".
Die formale Zuständigkeit für Amri als Gefährder lag damals in
NRW, weil der abgelehnte Asylbewerber dort seine offizielle
Meldeadresse hatte. Tatsächlich war er in Berlin untergetaucht . In
einer E-Mail vom 26. Oktober 2016 fragte ein LKA-Beamter aus NRW die
Berliner daher: "Habt Ihr Erkenntnisse über seinen Aufenthaltsort?"
Die Bitte um "zeitnahe Rückmeldung" verhallte jedoch ungehört. Unter
der E-Mail wurde später ohne Datum handschriftlich vermerkt:
"Rückmeldung nicht erfolgt!"
Die fehlende Aktivität ist bemerkenswert, weil der marokkanische
Geheimdienst unmittelbar vor der Anfrage aus NRW gewarnt hatte, Amri
plane "ein Projekt".
Noch sechs Tage vor dem Anschlag, am 13.Dezember 2016, fragten
sich laut den eingesehenen Unterlagen die NRW-Ermittler, welche
Erkenntnisse im Falle eines Anschlags über den Verbleib von Amri in
Berlin vorliegen würden.
Die Untätigkeit des Berliner LKA dürfte am Freitag auch Thema in
der Sitzung des Berliner Untersuchungsausschusses zum Fall Amri
werden. Ein als Zeuge geladener Beamter des NRW-LKA könnte zu dem
Mailverkehr mit den Berliner Kollegen Auskunft geben.
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Kontraste
Das Magazin aus Berlin
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