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foodwatch fordert gesetzliche Vorgaben für Gesundheit von Nutztieren - massive Probleme in allen Haltungsformen - jedes vierte Tierprodukt stammt von einem kranken Tier

Geschrieben am 17-01-2018

Berlin (ots) - Im Vorfeld der Grünen Woche hat die
Verbraucherorganisation foodwatch eine echte Tiergesundhaltungswende
gefordert: Viele Nutztiere litten unter schweren, vermeidbaren
Krankheiten - egal ob in großen oder kleinen Ställen, in der
Bio-Tierhaltung teilweise genauso wie in konventionellen Betrieben.
foodwatch forderte die nächste Bundesregierung daher auf, gesetzliche
Vorgaben für die Gesundheit von allen Nutztieren zu machen. Ziel
müsse es sein, dass nur noch Lebensmittel von nachweislich gesunden
Tieren in den Handel kommen. Die bisher diskutierten Vorschläge wie
etwa ein freiwilliges Tierwohl-Label oder eine 0-1-2-3-Kennzeichnung
der Haltungsform wären hingegen keine Lösung. Verbesserungen würden
damit höchstens für einen kleinen Teil der Tiere erreicht, Fragen
nach der Tiergesundheit würden nur eine untergeordnete Rolle spielen,
so foodwatch.

"Angesichts massenhafter Erkrankungen, Schmerzen und Leiden kann
von akzeptablem Tierschutz in Deutschlands Ställen keine Rede sein.
Die Debatte um Tierhaltung kreist fast nur um formale
Haltungsbedingungen wie etwa Platzbedarf oder Ausgestaltung der
Ställe - obwohl wissenschaftlich längst erwiesen ist, dass die
Tiergesundheit nicht allein von der Haltungsform beeinflusst wird,
sondern entscheidend auch vom Stallmanagement. Es gibt auf manchen
Höfen massive Gesundheitsprobleme und auf anderen so gut wie keine -
und zwar unabhängig von der Haltungsform oder der Betriebsgröße",
sagte Matthias Wolfschmidt, Internationaler Kampagnendirektor von
foodwatch. "Die gesetzlichen Grundlagen reichen offenkundig nicht
aus, um Millionen von Nutztieren vor krankmachenden Lebensbedingungen
zu schützen. Der Gesetzgeber weigert sich seit Jahren, die
betriebsgenaue Erfassung, Auswertung und Verbesserung des
gesundheitlichen Tierschutzes anhand klarer Kriterien vorzuschreiben
und voranzutreiben."

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Lebensmittel mit tierischen
Zutaten zu einem großen Teil von kranken Nutztieren stammen. Demnach
macht mindestens jede zweite Milchkuh einmal im Jahr haltungsbedingte
Krankheiten durch, die größtenteils vermeidbar sind. Etwa jeder
zehnte Liter Milch stammt von einer Kuh mit entzündetem Euter.
Schlachthofbefunden zufolge litten etwa 40 Prozent aller Schweine an
haltungsbedingten Krankheiten. Statistisch gesehen war zudem
mindestens jedes vierte Hähnchen vorher ein kranker Hahn, wurden vier
von zehn Eiern von einer Henne mit Knochenbrüchen gelegt. Als
Faustregel müssen Verbraucherinnen und Verbraucher davon ausgehen,
dass mindestens jedes vierte Tierprodukt von einem kranken Tier
stammt, so foodwatch. Beim Einkauf ist dies allerdings nicht zu
erkennen.

Die bisher diskutierten Ansätze kritisierte foodwatch als
unzureichend für den im Grundgesetz vorgeschriebenen Tierschutz und
als irreführend für die Verbraucherinnen und Verbraucher:

- Das angekündigte staatliche Tierwohl-Siegel ist aus Sicht von
foodwatch inakzeptabel. Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen
Beirats von Agrarminister Schmidt könnte ein solches rein
freiwilliges Siegel vielleicht 20 Prozent des Marktes abdecken.
Für die große Mehrheit aller Nutztiere würde es also keinerlei
Verbesserungen geben. Die Bundesregierung habe gemäß Artikel 20a
Grundgesetz aber den verfassungsmäßigen Auftrag, nicht nur für
einige, sondern für alle Nutztiere tiergerechte Bedingungen
durchzusetzen, so foodwatch.

- Ebenso sei die zurzeit diskutierte, an die bekannten
Eier-Stempel angelehnte 0-1-2-3-Kennzeichnung für Fleisch völlig
ungeeignet, um Leiden und Schmerzen der Nutztiere
nachvollziehbar zu lindern oder zu verhindern, kritisierte
foodwatch. Dieser Ansatz ignoriere den Stand der Wissenschaft,
wonach es in allen Haltungsformen und allen Betriebsgrößen
bisweilen massive tierschutzrelevante Versäumnisse gibt.

- Die "Initiative Tierwohl", an der sich vor allem die großen
Handelskonzerne um Edeka, Lidl, Rewe, Aldi und Metro beteiligen,
bezeichnete Matthias Wolfschmidt als "schlechten PR-Gag", mit
dem die Unternehmen von ihrer Verantwortung für die
inakzeptablen Lebensbedingungen der Nutztiere ablenken wollten.
Mit vorwiegend kosmetischen Maßnahmen könnten die
Lebensbedingungen für die Tiere nicht substantiell verbessert
werden. Den Bäuerinnen und Bauern werde nicht annähernd genügend
Geld ausgezahlt, um eine nachweislich tiergerechte Haltung zu
erreichen. Stattdessen werde den Verbraucherinnen und
Verbrauchern vorgemacht, die Produkte aus den Supermärkten
entstammten einer tiergerechten Haltung.

Matthias Wolfschmidt von foodwatch: "Es ist geradezu zynisch, den
Eindruck zu erwecken, Siegel oder formale Haltungs-Kennzeichnungen
könnten die teils dramatischen Zustände in den Ställen grundlegend
verbessern. Das geplante Tierwohl-Label ist genauso wie eine
Haltungskennzeichnung nur eine Pseudo-Lösung, die eine echte
Verbesserung in der Nutztierhaltung eher verhindert. Wir brauchen
klare gesetzliche Vorgaben für die Erfassung und Verbesserung der
Gesundheit von allen Nutztieren. Es ist höchste Zeit für eine
Tier-gesund-haltungs-wende!"

+++ Matthias Wolfschmidt: "Das Schweinesystem - Wie Tiere gequält,
Bauern in den Ruin getrieben und Verbraucher getäuscht werden", S.
Fischer Verlag. 235 Seiten, 18 Euro. +++

LINK: E-Mail-Aktion von foodwatch für eine Tierhaltungswende:
www.tierhaltungswende.de

QUELLEN UND WEITERE INFORMATIONEN:

- Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim
Bundeslandwirtschaftsministerium zum Thema Nutztierhaltung (März
2015): www.tinyurl.com/ztc8hwn
- Ausgewählte Studien zur Tiergesundheit:
www.studien-tiergesundheit.foodwatch.de



Pressekontakt:
Andreas Winkler
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 290

Original-Content von: foodwatch e.V., übermittelt durch news aktuell


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