Lausitzer Rundschau: Seehofer drückt aufs Tempo / Minister ohne Schonfrist
Geschrieben am 30-03-2018 |
Cottbus (ots) - Eines muss man Horst Seehofer lassen: Der neue
Bundesinnen- und Heimatminister legt los wie ein Wirbelwind.
Vermutlich auch deswegen, um es seinen Kritikern zu zeigen, die
anfänglich die ketzerische Frage gestellt haben, ob er mit fast 69
Jahren den Job des Superministers überhaupt noch stemmen kann. Diese
Kritik hat Seehofer ziemlich frustriert. Die 100 Tage Schonfrist, die
man einem Politiker im neuen Amt zubilligen sollte, gelten für ihn
jedenfalls nicht. Weil er im Gegenzug auch niemanden schont. In
seiner Antrittsrede kürzlich im Bundestag hatte der CSU-Chef ja
angekündigt, Tempo machen zu wollen. Ein "Weiter so" werde es mit ihm
als Innenminister nicht geben - was immer er auch darunter versteht.
Der Punkt ist freilich der, dass Seehofer bisher eher verstörend
anstatt überzeugend agiert hat. Das lässt sich an einigen Beispielen
konkret machen: Die von ihm neu entfachte (Alt-)Debatte darüber, ob
der Islam zu Deutschland gehört oder eben nicht, hat erheblich
geschadet und lediglich der AfD genützt. Gräben, die weitgehend
zugeschüttet waren, sind nun wieder unnötig aufgerissen. Auch
innerhalb der Union, auch zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer.
Die Kanzlerin hat den CSU-Chef zurechtgewiesen. Merkel weiß, dass ein
Innenminister zwar hart in der Sache, aber nicht als Spalter handeln
sollte. Weil das in unruhigen Zeiten Vertrauen kosten kann. Es dürfte
allerdings nur eine Frage der Zeit sein, wann Seehofers Retourkutsche
kommen wird - der Koalition steht dann eine weitere Belastungsprobe
ins Haus. Völlig verunglückt ist auch Seehofers Personalpolitik.
Unter seiner Führung hat sich die CSU verweigert, zumindest eine Frau
an den Kabinettstisch zu entsenden - das macht auch die Berufung
einer Staatsministerin für Digitales nicht wett. In seinem personell
und inhaltlich aufgeblähten Ressort selbst hat Seehofer inzwischen
für einen Aufschrei gesorgt, weil nur Männer der Leitungsebene
angehören. Das Foto der Herren hat im Netz bereits Kultstatus
erlangt. Nun mag manch einer sagen, es gibt Wichtigeres, das ist eine
Lappalie. Ist es aber nicht. Weil es zeigt, wie schwer es Seehofer
und der CSU fällt, sich vom alten Rollenverständnis zu verabschieden.
Die Partei ist in Wahrheit eben doch nicht so modern, wie sie gerne
vorgibt. Und wer, wenn nicht die Bundesregierung und ihre Ministerien
sollten Vorbild in Sachen Gleichberechtigung und Gleichstellung sein?
Nun macht sich der Minister auch noch daran, entgegen aller Kritik
bis zum Herbst das erste Rückführungszentrum für Flüchtlinge
einzurichten. Wohlgemerkt bis zum Herbst. Dann sind Landtagswahlen in
Bayern. Kein Zufall also. Mehr Abschiebungen verspricht Seehofer.
Dabei ist seine politische Einflussmöglichkeit in diesem Bereich
begrenzt, da die Zuständigkeiten vor allem bei den Ländern liegen.
Anspruch und Wirklichkeit könnten also in dieser Frage alsbald
Seehofer einholen. Der Minister muss daher gehörig aufpassen, dass
dies nicht zu seinem Markenzeichen wird.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
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