Kölnische Rundschau: Kommentar zu Israel
Geschrieben am 14-05-2018 |
Köln (ots) - Fakten geschaffen
Sandro Schmidt
zum 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels¶
Israel feiert. Am 14. Mai 1948 endete das nach dem Ersten
Weltkrieg übernommene britische Mandat über Palästina, am gleichen
Tag proklamierte David Ben Gurion den Staat Israel. 70 Jahre ist dies
her. Die Staatsgründung begann mit einem den vor Nazi-Deutschland
geflohenen Juden von ihren arabischen Nachbarn aufgezwungenen Krieg.
Und bis heute ist der Frieden im Heiligen Land nicht eingekehrt.
Die Ursachen sind vielfältig. Sie liegen in schwierigen Sachfragen
begründet, weil weiterhin zwei Völker um dasselbe Land streiten. Sie
sind aber auch in ideologischer Verblendung auf israelischer wie auf
palästinensisch-arabischer Seite begründet. Wenn politische Fragen
religiös und/oder nationalistisch aufgeladen werden, hat es
Kompromissfindung schwer. Vor allem aber: Wenn Menschen dauerhaft
nicht in physischer und sozialer Sicherheit leben können, kann sich
friedliches Zusammenleben nicht entwickeln.
Das betrifft die von Israel mitverursachte desolate Lage der
Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland, die sich gestern
wieder in schweren Auseinandersetzungen mit zahlreichen Toten
niederschlug. Genauso aber den Versuch des Irans, in Syrien eine
weitere bedrohliche militärische Front gegen den jüdischen Staat
aufzubauen. Jerusalem beantwortete dies am Donnerstag mit den
schwersten Luftschlägen auf den Nachbarstaat seit Jahren.
Israel muss heute, anders als 1948, nicht mehr um seine Existenz
fürchten, aber es muss weiterhin um seine Existenz kämpfen, weil sie
auch nach 70 Jahren noch in Wort und Tat infrage gestellt wird.
Militärisch und wirtschaftlich ist der jüdische Staat stark, er
gehört zu den führenden High-Tech-Nationen der Welt, er kann sich auf
mächtige Verbündete verlassen.
Allerdings gilt auch: Ohne Erkennen und Anerkennen der
Wirklichkeit ist sinnvolle Politik nicht möglich. Dazu gehört die in
den 1990er Jahren vorhandene, inzwischen abhandengekommene Einsicht,
dass man zwar mit einem militärisch vor Kraft strotzenden Land Gegner
in Schach halten kann, Frieden aber nicht erzielen wird. Dazu gehört
ebenso die derzeit weder bei Israels Mehrheit noch in der
US-Administration populäre Erkenntnis, dass ein Frieden die
Kernbedürfnisse des Gegenübers mit einbeziehen muss.
Aufgezwungene Lösungen sind keine verlässlichen. Die Anerkennung
Jerusalems als Hauptstadt des jüdischen Staates durch die USA und die
gestern gefeierte Verlegung der Botschaft dorthin sind deshalb
schwerwiegende Fehlleistungen. Sie versperren in einer
symbolträchtigen Frage gangbare Kompromisswege. Sie eskalieren, statt
zu deeskalieren. In einer aus zahlreichen Gründen in Gewalt
versinkenden Region setzt Israel auch heute wie fast immer in seiner
Geschichte auf das einseitige Schaffen von Fakten. Das Land ist
dadurch größer und mächtiger geworden. Zur Ruhe gekommen ist es
nicht.
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Sandro Schmidt
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