Datenleck bei deutschen Behörden? / Aus der Türkei geflohener Asylbewerber erhält in deutscher Flüchtlingsunterkunft Wahlwerbebrief von AKP-Chef und Staatspräsident Erdogan / Recherche des SWR
Geschrieben am 23-06-2018 |
Mainz (ots) - Die türkische Regierungspartei AKP erhält
möglicherweise von Mitarbeitern aus deutschen Behörden Informationen
über Flüchtlinge, die aus der Türkei aus politischen Gründen geflohen
sind und in Deutschland Asyl beantragt haben. So hat ein türkischer
Asylbewerber, der in Deutschland Schutz sucht, vor einigen Wochen
einen an ihn persönlich adressierten Wahlwerbebrief des türkischen
Staatspräsidenten und AKP-Chefs Erdogan, erhalten. Der Brief, der dem
SWR und dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vorliegt, wurde direkt
an seine Wohnadresse in einer Flüchtlingsunterkunft in Trier
verschickt. Erdogan bittet darin mit emotionalen Worten, ihn und
seine Partei bei der Parlaments- und Präsidentschaftswahl an diesem
Sonntag wiederzuwählen. Als Absender ist die AKP in Ankara angegeben,
verschickt wurde er jedoch offensichtlich von Deutschland aus.
Nach Angaben des Kölner Anwalts Ramazan Sevinc, der den Mann in
seinem Asylverfahren vertritt, habe der Asylbewerber den Brief wenige
Tage nach dessen Ankunft in Deutschland erhalten. In der Türkei werde
er verfolgt, weil er ein Anhänger der Gülen-Bewegung sei, die von
Erdogan für den gescheiterten Putschversuch im Juli 2016
verantwortlich gemacht wird. Dem SWR und dem "Spiegel" sagte Sevinc,
er halte es für möglich, dass ein Mitarbeiter des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder einer anderen Behörde die
Adresse an eine diplomatische Vertretung der Türkei weitergegeben
hat: "Anders ist kaum zu erklären, wie die persönlichen Daten meines
Mandanten so schnell nach Ankara gelangt sind. Das ist für mich ein
Skandal, weil die Sicherheit aller Antragsteller dadurch gefährdet
wird."
Das Einwohnermeldeamt in Trier teilte in einer schriftlichen
Stellungnahme mit, Asylbewerber würden zwar grundsätzlich bei der
Behörde gemeldet, Adressdaten jedoch mit einem "bedingten
Sperrvermerk" versehen. Wörtlich heißt es: "Des Weiteren übermitteln
wir grundsätzlich keine Daten von Asylbegehrenden an ausländische
Regierungsstellen oder bestätigen diese." Das BAMF erklärte, es nehme
den Vorgang ernst, dieser werde geprüft, es sei bislang jedoch kein
"datenschutzrechtliches Defizit" feststellbar, also keine Weitergabe
von Daten. Zuletzt hatten das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" und
"Der Spiegel" im Oktober 2017 über mutmaßliche AKP-Spitzel beim BAMF
berichtet, die als Dolmetscher oder Sicherheitsleute arbeiteten.
Aus Sicherheitskreisen heißt es, türkische Regierungsstellen
hätten im vergangenen Jahr in einigen Bundesländern mehrfach
versucht, über Einwohnermeldeämter oder Gewerbeämter an Adressdaten
von türkischen Asylbewerbern zu gelangen. Entsprechende Anfragen
seien aber jeweils abgewiesen worden. Die türkische Botschaft in
Deutschland ließ eine Anfrage von SWR und "Spiegel" unbeantwortet, ob
im Zusammenhang mit den Wahlen am kommenden Sonntag der Versuch
unternommen wurde, über deutsche Behörden gezielt an Wohnadressen
türkischer Staatsbürger in Deutschland zu kommen. In sozialen Medien
hatten sich zuletzt mehrere Türken verwundert darüber gezeigt, dass
sie persönlich an sie adressierte Post von Erdogan erhalten hatten.
Nach Angaben des Anwalts Sevinc wurde der Asylbewerber aus Trier,
ungeachtet des Vorgangs, inzwischen in eine andere
Flüchtlingsunterkunft gebracht.
Zitate gegen Quellenangabe frei. Rückfragen bitte an die SWR
Redaktion "Recherche Unit", Tel. 06131 / 929 3 3202.
Original-Content von: SWR - Südwestrundfunk, übermittelt durch news aktuell
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