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Türkeigeschäft: Zahlungsrisiken erhöhen sich weiter

Geschrieben am 18-07-2018

Köln (ots) - Für zahlreiche Lieferanten und Dienstleister von
türkischen Unternehmen sind die Forderungsrisiken in den vergangenen
Monaten weiter gestiegen. Eine aktuelle Analyse des internationalen
Kreditversicherers Atradius zeigt, dass sich das Zahlungsverhalten in
mehreren Kernbranchen des Landes weiter verschlechtert hat und es
trotz verlängerter Zahlungsziele zu mehr Zahlungsverzögerungen kam.
Für das laufende Jahr gehen die Risikoexperten des Versicherers davon
aus, dass sich die Insolvenzzahlen unter anderem in den Branchen Bau,
Einzelhandel, Metall beziehungsweise Stahl und Textil erhöhen werden.
Insgesamt dürften die Firmenpleiten in der Türkei 2018 auf einem
hohen Niveau bleiben, nachdem sie 2017 bereits erheblich zugenommen
hatten.

"Die Türkei weist ein hohes Leistungsbilanzdefizit auf und ist
stark von Importen abhängig", sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional
Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius. "Durch den
anhaltenden, rapiden Wertverlust der Lira wird dies zunehmend zum
Problem. Viele türkische Unternehmen haben einen hohen
Fremdwährungsschuldenstand. Die jüngsten Zinserhöhungen der
türkischen Notenbank konnten den Währungsverfall nicht aufhalten und
erhöhen den Druck zusätzlich. Die Schuldenlast ist bei zahlreichen
Abnehmern mittlerweile sehr bedenklich und lässt das Risiko für einen
Zahlungsausfall bei Lieferanten und Dienstleistern deutlich
ansteigen."

Firmen, die auf Importe angewiesen sind und deren Hauptmarkt die
Türkei ist, drohen aufgrund der schwächelnden Lira auch von anderer
Seite finanzielle Engpässe: Die Abwertung der heimischen Währung
erhöht ihre Einkaufskosten, daher wird es für sie zunehmend
schwieriger, den steigenden Beschaffungssaufwand (in Euro oder
US-Dollar) mit Einnahmen in Lira auszugleichen. Unternehmen aus dem
Energiesektor und der herstellenden Industrie (unter anderem Chemie,
Maschinenbau und Komponentenanbieter) sind diesem Risiko besonders
ausgesetzt.

Mehrere Branchen mit besonders hohen Ausfallrisiken

Aus Sicht von Atradius herrscht in den folgenden türkischen
Branchen derzeit ein besonders hohes Forderungsausfallrisiko:

Der Bausektor leidet insbesondere unter den geringen
Wohnungsbauaktivitäten. Die große Zahl an Wettbewerbern auf dem Markt
hat die Margen vieler Unternehmen zusammenschrumpfen lassen. Mit den
höheren Zinsen und steigenden Rohstoffpreisen, insbesondere für
Betonstahl, hat sich die Situation in der Branche seit Ende
vergangenen Jahres noch einmal verschlechtert. Die Insolvenzen in dem
Sektor sind bereits 2017 gestiegen. In diesem Jahr dürfte es nach
Atradius-Prognose noch mehr Baufirmenpleiten geben, zumal zahlreiche
Akteure hoch verschuldet sind und vor Refinanzierungsproblemen
stehen. Die Zahlungsdauer in der Branche beträgt durchschnittlich 120
bis 180 Tage, das Zahlungsverhalten war in den letzten zwei Jahren
häufig negativ.

Auch der Einzelhandel weist aufgrund des starken Wettbewerbs und
hoher Kosten eine geringe Profitabilität auf. Viele Unternehmen haben
einen hohen Fremdfinanzierungsgrad und geraten wegen der schwachen
Lira zunehmend unter Druck. Gleichzeitig ist die Bereitschaft der
Banken, Kredite zu vergeben, zuletzt zurückgegangen. Im Vergleich zu
allen anderen türkischen Industrien weist der Groß- und Einzelhandel
die höchste Rate an Kreditausfällen auf. Es wird erwartet, dass die
Zahlungsverzögerungen und Insolvenzen 2018 zunehmen. Von Unternehmen,
die hauptsächlich importierte Elektronikprodukte verkaufen, geht
dabei ein überdurchschnittlich hohes Risiko aus.

Die türkische Metallindustrie wird stark von der verhaltenen
inländischen Bautätigkeit beeinträchtigt. Die erhöhten
Infrastrukturinvestitionen des Staates konnten den Rückgang nur
geringfügig ausgleichen. Die Branche kämpft zudem weiter mit
erheblichen Überkapazitäten, außerdem ist die Konkurrenz aus China
groß und die Abhängigkeit von Banken hoch. Unternehmensinsolvenzen
und Zahlungsverzögerungen haben in den letzten zwei Jahren
zugenommen, hauptsächlich aufgrund der Verschlechterung der Margen
und der hohen Unternehmensverschuldung.

Die Textilbranche hat sich in den letzten Jahren aufgrund einer
Kombination aus Überkapazitäten, fehlender Markenproduktion, geringer
Kapitalausstattung, sinkender Inlands- und Exportnachfrage und harter
Konkurrenz aus Asien verschlechtert. Viele Unternehmen leiden unter
hoher Verschuldung und schwacher Liquidität. Mehr als 6 % der
Bankkredite aus diesem Sektor waren zuletzt notleidend.

Szenario einer harten Landung droht

Die Wirtschaftsexperten von Atradius gehen davon aus, dass der
Türkei weiterhin wirtschaftlich turbulente Zeiten bevorstehen. 2017
konnte die Türkei ihr Bruttoinlandsprodukt noch um 7,4 % steigern,
unter anderem mithilfe von Steuererleichterungen,
Beschäftigungsanreizen und Kreditfördermaßnahmen. Jüngst aber mehrten
sich die Zeichen für eine wirtschaftliche Überhitzung, die
Produktionsaktivitäten gingen zurück und das private Kreditwachstum
flachte ab. Zudem drohen Kapitalabflüsse, sollten die US-Zinsen
weiter steigen.

Das türkische Bankenwesen gilt zwar noch als relativ stabil,
jedoch könnten auch einzelne Kreditinstitute unter zunehmend
ausfallenden Krediten infolge der höheren Schuldenlast der Firmen und
einer erschwerten Refinanzierung in Schieflage geraten. "Sollte die
Türkei ihre wirtschaftlichen Probleme nicht in den Griff bekommen,
droht nach dem Wachstumsjahr 2017 das Szenario einer harten Landung",
so Thomas Langen.

Die Atradius-Analyse "Weak Turkish lira heightens trade risk" kann
auf www.atradius.de im Menüpunkt Publikationen kostenlos
heruntergeladen werden.

Über Atradius

Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen,
Bürgschaften und Inkassodienstleistungen mit einer strategischen
Präsenz in mehr als 50 Ländern. Die von Atradius angebotenen
Kreditversicherungs-, Bürgschaften- und Inkasso-Produkte schützen
Unternehmen weltweit vor den Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren
und Dienstleistungen auf Kredit. Atradius ist Mitglied der Grupo
Catalana Occidente (GCO.MC), einer der größten Versicherer in Spanien
und einer der größten Kreditversicherer der Welt. Weitere
Informationen finden Sie online unter www.atradius.de



Pressekontakt:
Atradius Kreditversicherung, Niederlassung der Atradius Crédito y
Caución S.A. de Seguros y Reaseguros

Astrid Goldberg
Pressesprecherin
Telefon: +49 (0) 221 2044 - 2210
E-Mail: astrid.goldberg@atradius.com

Stefan Deimer
Pressereferent
Telefon: +49 (0) 221 2044 - 2016
E-Mail: stefan.deimer@atradius.com

Original-Content von: Atradius, übermittelt durch news aktuell


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