Der Tagesspiegel: Ischinger: Merkel klärt Bürger nicht genügend über ihre Politik auf
Geschrieben am 10-08-2018 |
Berlin (ots) - Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz,
Wolfgang Ischinger, wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, die
Bürger über die neuen Anforderungen an die deutsche
Sicherheitspolitik und deren Risiken im Unklaren zu lassen. "Wir
übernehmen Risikohaftung, aber ohne die Bürger aufzuklären. Die
Bundeskanzlerin trägt da eine Mitverantwortung", kritisiert der
deutsche Spitzendiplomat im Berliner "Tagesspiegel" (Samstagausgabe).
"Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg hat die Bundesrepublik
Bundeswehr-Truppen in ein Nato-Land geschickt, nach Litauen, um
diesem Partner ein Sicherheitsgefühl gegen Russland zu geben. Das
weiß freilich kaum einer in Deutschland außerhalb der
Expertenkreise."
Generell scheuten Angela Merkel und ihre Regierung davor zurück,
öffentlich zu erklären, wie Deutschland und Europa auf solche
Einschnitte wie die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten oder den
Brexit reagieren müssen, moniert Ischinger. "Kanzlerin Merkel und
ihre Minister sagen, wir könnten uns nicht mehr allein auf andere
verlassen und müssten unser Schicksal in die eigene Hand nehmen. Sie
sagen aber nicht, was das konkret bedeutet."
Deutschland müsse wesentlich mehr Geld in die eigene und die
europäische Verteidigung investieren und für Mehrheitsentscheidungen
in der europäischen Außenpolitik eintreten, fordert Ischinger. "Trump
zwingt uns zu der Erkenntnis, dass es nicht geht, dass 500 Millionen
Europäer ihre Sicherheit für mehr als 70 Jahre ,outsourcen', unter
Missachtung ihrer Würde und ihres Stolzes." Diese Emanzipation "ist
besonders eine Herausforderung für uns Deutsche. In den USA, aber
auch in Europa entsteht der Eindruck: Die Deutschen sind die
weltbesten Trittbrettfahrer. Sie haben den Handelsüberschuss, tun
aber nichts für die Sicherheit der Handelswege."
Mit harten Worten greift der international renommierte
Sicherheitsexperte die deutsche Verteidigungspolitik an. "Es wäre
schön, wenn eines der deutschen U-Boote mal in See stechen könnte.
Wir haben sechs, aber keines ist einsatzfähig. Und wieso traut sich
Europas stärkste Wirtschaftsmacht in Konflikten wie Syrien zu sagen:
Wir machen nur die Fotos aus Aufklärungs-Tornados? Wir machen nur
Dinge, bei denen man nicht nass wird. Das ist unwürdig."
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Pressekontakt:
Straubinger Tagblatt
Ressortleiter Politik/Wirtschaft
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