Mittelbayerische Zeitung: Sichere Rente - aber welche?/Dass sich die Große Koalition über die Rentenpolitik streitet, ist eine notwendige Kursbestimmung. Denn es geht um Weichenstellungen für die näch
Geschrieben am 26-08-2018 |
Regensburg (ots) - Wohl kaum ein Satz hat sich so in das
kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt wie Norbert Blüms
Slogan aus dem Jahre 1986: "Denn eins ist sicher: die Rente!" Der
Herz-Jesu-Christdemokrat aus der politischen Ära von Helmut Kohl hat
in den Jahren danach Hohn und Spott, aber auch Zustimmung
eingeheimst. Und, so viel muss man Blüm lassen, die gesetzliche
Rente, jenes immer wieder angefeindete Umlagesystem, hat die Stürme
der vergangenen drei Jahrzehnte einigermaßen gut überstanden.
Natürlich ist Rente auch in Zukunft sicher, die Frage ist nur welche?
Freilich hat sich das System der Altersversorgung und -vorsorge seit
Blüms Zeiten gewaltig verändert. Aus demografischen Gründen, weil
immer weniger Beitragszahler für immer mehr Ruheständler aufkommen
müssen. Aus politischen Gründen, weil der Rentenkasse enorme Lasten
im Zuge der deutschen Einheit aufgebürdet wurden, auch weil
zahlreiche Leistungen, die eigentlich aus dem Steuertopf bezahlt
werden müssten, vom Konto der Rentenversicherung abgebucht werden.
Jüngsten Beispiel dafür ist die - völlig richtige - Anhebung der
Mütterrente, die die Benachteiligung von Frauen, deren Kinder vor
1992 geboren wurden, mildert. Auch diese Leistung hätte durch den
Bundeshaushalt finanziert werden müssen. Aber die Union wollte das
partout nicht. Ohnehin fließen aus dem Steuertopf bald nahezu 100
Milliarden Euro in die Rentenkasse, pro Jahr. Das liegt freilich
daran, dass unter diesem Dach Leistungen bezahlt werden, die mit
Rente im engen Sinne nichts zu tun haben, etwa für die Versorgung von
Witwen, Witwern, für Reha-Leistungen, für Kindererziehungszeiten und
anderes mehr. Solange die Steuereinnahmen wegen guter Konjunktur
ordentlich fließen, stellt das für den Bund kein Problem dar. Doch
was ist, wenn die Konjunktur nicht mehr brummt, wenn die
Beschäftigung zurückgeht? Das Rentensystem nachhaltig, also
zukunftsfähig und einigermaßen krisenfest zu machen, davor drückt
sich die jetzige GroKo. Die Politik der letzten Jahrzehnte handelte
relativ kurzatmig, dreht hier an einem Schräubchen - etwa Einführung
des Nachhaltigkeitsfaktors, der das Rentenniveau absenkt -, und baute
dort ein neues Instrument ein, wie die Einführung der privaten
Riester-Vorsorge. Mit dem von Sozialminister Hubertus Heil geplanten
aktuellen Rentenpaket sollen das Rentenniveau und die Beitragssätze
bis 2025 stabilisiert sowie Geringverdiener entlastet werden.
Allerdings gibt es bereits darüber heftigen Streit unterm
schwarz-roten Dach. Doch dass sich die Große Koalition über die
Rentenpolitik streitet, ist kein Makel, sondern eine notwendige
Kursbestimmung. Es geht immerhin um Weichenstellungen für künftige
Generationen. Die Kanzlerin wollte das knifflige Rententhema
eigentlich in den nächsten Jahren erst mal auf Eis legen. Weil die
SPD darin jedoch ein gefundenes Fressen für den Wahlkampf - in
Bayern, Hessen sowie darüber hinaus auch 2021 im Bund - sieht, muss
die Union über kurz oder lang erklären, wozu sie bereit ist. Dass
allerdings Vizekanzler Olaf Scholz, gewissermaßen mit dem Mute der
Verzweiflung, gar bis zum Jahr 2040 ein sicheres Rentenniveau und
Obergrenzen bei den Beitragssätzen festzurren will, ist reichlich
tollkühn. Das wäre eine Rechnung in die Zukunft mit zu vielen
Unbekannten, die nicht aufgehen kann. In der Grundrichtung jedoch,
die Rentenpolitik auf langfristig tragfähige Füße zu stellen, ist dem
möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Recht zu geben. Sollte sich die GroKo
in absehbarer Zeit nicht verständigen können, gibt es 2021 einen
Wahlkampf zur Rente. Und das wäre mal ein lohnendes Thema.
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