Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Politik und Ernährung
Geschrieben am 16-10-2018 |
Bielefeld (ots) - Wer jemals versucht hat, mit seinen von
Heißhunger auf Fruchtgummis, Döner oder Hamburger geplagten Kindern
eine Diskussion über gesunde Ernährung zu führen, weiß, wie schwierig
das sein kann. Das galt allerdings zumindest früher mal auch für
Gespräche mit notorischen Rauchern über die Schädlichkeit von
Nikotin. Letzteres hat sich spätestens mit den Schockbildern auf
Zigarettenpackungen weitgehend erledigt. Ganz so klar ist die Sache
beim Essen nicht. Der Mensch kann zwar auf Genuss-, nicht aber auf
Lebensmittel verzichten. Und dazu gehören nun mal Zucker, Salz und
Fett. Nur zuviel davon schadet. Was allerdings ist zuviel? Die Ärzte
wissen es. Politiker wissen es. Die Wirtschaft weiß es. Die
Verbraucher sollten es wissen. Das war die Idee hinter der Forderung
nach Einführung einer »Ernährungsampel«. Sie sollte am Produkt
anzeigen, ob etwa der Zuckergehalt gemessen am empfohlenen
Tageskonsum unbedenklich (grün), erträglich (gelb) oder schon zu hoch
(rot) ist. Die Idee scheiterte vor allem am Widerstand der
Wirtschaft, die fürchtet, niemand würde noch ein Produkt kaufen, von
dessen Verpackung ein rotes Warnlicht blinkt. Doch ein Bonbon oder
Schokolade sind nun mal anders zu bewerten als Joghurt, Puddingcreme,
Müsli oder noch andere Fertigspeisen, bei denen der Normalkäufer den
Nährstoffgehalt in der Regel eher falsch einschätzt. Gegessen wird,
was auf den Tisch kommt. Und auf den Tisch kommt, was an
Fertiggerichten den Kunden im Supermarktregal am meisten ins Auge
sticht. Das sollte aus Sicht des Kunden okay sein, so lange der
Verpackung genau zu entnehmen ist, wie sich der Inhalt zusammensetzt
- in verständlichem Deutsch und in lesbar großer Schrift. Dann
braucht es die Lebensmittelampel nicht. Ob jemand zu viel Fett, Salz
oder Zucker isst, hängt außer von der Zusammensetzung der
Nahrungsmittel vor allem von der Menge ab. Diese Entscheidung kann
und sollte niemand dem Käufer abnehmen. Eine Tiefkühlpizza durch
Gesetz zu verkleinern ist eine ziemliche Schnapsidee - und deshalb
nicht Teil von Klöckners Maßnahmenpaket. Wer Hunger hat, würde
einfach zwei Pizzen essen. Nichts wäre gewonnen, nur mehr Verpackung
erzeugt. Der Appell an den mündigen Verbraucher ist richtig. Dass er
heute fast von Kindesbeinen an auf den Einheitsgeschmack von
Fertiggerichten geeicht wird, ist schwer umkehrbar. Was aber in
dieser Hinsicht getan werden kann, sollte geschehen. Dazu gehören das
Verbot von Zuckerzusätzen in wesentlichen Säuglingsnahrungsmitteln
genau so wie das gesunde, trotzdem schmackhafte Essen im Kinderhort
oder in der Schule. Zu teuer? Alles eine Frage der Priorität - nicht
nur der Eltern, sondern auch des Staates, der hier eine vernünftige
Sache stärker subventionieren muss.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
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