zeb.Privatkundenstudie 2018: Negative Entwicklung im deutschen Retailbanking setzt sich fort (FOTO)
Geschrieben am 17-10-2018 |
Frankfurt (ots) -
Ertragspotenzial 2017 auf niedrigstem Stand der Dekade/Ohne
Gegenmaßnahmen negative Prognose im Fünfjahreshorizont/Forcierte
digitale Transformation notwendig
Die negative Entwicklung des Privatkundengeschäfts - eines der
zentralen Geschäftsfelder deutscher Banken - hat sich im Jahr 2017
weiter fortgesetzt und für die laufende Dekade einen neuen Tiefpunkt
bei Ertragslage und Ergebnis erreicht. Dabei ist es den Instituten
trotz positiver Wirtschaftslage sowie der Anstrengungen, ihr Geschäft
rentabel zu gestalten, in Summe nicht gelungen, die anhaltenden
Belastungen aus Zinsumfeld, Digitalisierung und Regulierung zu
kompensieren. Prognostiziert man Ertrags- und Ergebnisentwicklung auf
Basis makroökonomischer Einflussfaktoren, dann zeigt sich das Ausmaß
der notwendigen Gegenmaßnahmen. Ohne fundamentale Transformationen im
Geschäftssystem werden die deutschen Banken das Privatkundengeschäft
auf absehbare Zeit nicht profitabel betreiben können. Zu diesem
Ergebnis kommen detaillierte Szenarioanalysen der aktuellen
Privatkundenstudie von zeb. Der Berater der europäischen
Finanzindustrie für Strategie- und Managementfragen hatte im Sommer
2018 zum 18. Mal den wirtschaftlichen Zustand sowie Entwicklungen im
deutschen Privatkunden-Bankgeschäft analysiert und daraus
Branchenimplikationen abgeleitet.
Beliefen sich die Erträge zu Beginn der Dekade noch auf fast 55
Mrd. EUR, so sind sie zum Ende des Jahres 2017 auf rund 50,1 Mrd. EUR
gesunken. Dies ist ganz wesentlich das Ergebnis eines Verlustes von
ca. der Hälfte der Einlagenerträge, die 2010 noch ca. ein Viertel, d.
h. 14,6 Mrd. EUR der Gesamterträge ausmachten. Ein derartiges
Abschmelzen der Ertragsbasis resultierte in 2017 in einem
Branchenergebnispool von gerade noch ca. 2 Mrd. EUR.
Die negative Entwicklung droht sich bis zum Jahr 2022 weiter
fortzusetzen. Bis dahin erwarten die zeb-Experten auf Basis
makroökonomischer Zukunftsszenarien und des Geschäftsmix im
Privatkundengeschäft ein Absinken des Ertragspotenzials mit
Privatkunden in Deutschland auf dann 45,6 Mrd. EUR. Bei einer
leichten tendenziellen Normalisierung der Risikokosten und ohne
weitere Verbesserungen der Kostenbasis resultieren in einem
zeb-Fünfjahresszenario substanzielle Verluste. Ohne Gegenmaßnahmen
dürfte das Ergebnis im deutschen Privatkundengeschäft in den nächsten
fünf Jahren auf dann fast -6 Mrd. EUR sinken.
Ulrich Hoyer, Partner bei zeb und Spezialist für das
Retailbanking, führt aus: "Unsere Einschätzung des
Ertragsentwicklungstrends im Retailbanking bleibt leider negativ.
Wenn man die daraus resultierende Ergebnislücke in einer Planung und
Agenda für die nächsten Jahre nicht durch Hoffnung auf Besserung des
Zinsumfelds schließen möchte, bleibt nur ein beherzter Umbau des
Geschäftssystems." Setze man nur auf den Kostenhebel, wären z. B. für
eine Stabilisierung auf dem Ergebnisniveau von 2017 effektive
Kostensenkungen von 16 % notwendig.
Ein derartig einseitiges Programm könnte für einzelne Spieler zu
einem Hase-Igel-Rennen zu werden, in dem Verbesserungen der
Kostensituation durch Ertragsverluste überkompensiert werden. Dieses
gilt insbesondere dann, wenn Anbieter die Verschiebungen im
Kaufverhalten ihrer Kunden unterschätzen und in der Folge
unterproportional in die Entwicklung digitaler Angebote investieren.
Hierzu erläutert Dr. Marc Buermeyer, Co-Leiter der zeb-Practice Group
Retailbanking: "Marktforschungsbasierte zeb-Analysen zeigen, dass
mehr als die Hälfte der heutigen Branchenerträge in den nächsten fünf
Jahren über zumindest teilweise digitale Kaufprozesse neu verteilt
werden. Wer hier kein adäquates Angebot vorlegen kann, dem droht
mittelfristig der Verlust existenzsichernder Wettbewerbsfähigkeit",
das Schicksal des Hasen.
Eine zukunftsgerechte Managementagenda erfordert eine vom Kunden
gedachte Weiterentwicklung digitaler Angebote und
Interaktionsplattformen - sowohl für das Daily Banking als auch für
die langfristige Finanzoptimierung. Diese neuen digitalen Angebote
und Vertriebsgrundlagen sind am veränderten Ertragspotenzialmix
auszurichten. Sie müssen Grundlagen zur Absicherung des
Provisionsgeschäfts werden und auf das Kreditgeschäft ausgerichtet
sein. Mithin werden zunächst noch nachgelagert priorisierte
"Kunden-Journeys" für Kredit oder Wertpapier aktuell ein zunehmend
digitalisierter Teil von Omnikanal-Banking.
Banken stehen dabei deutlich wahrnehmbar zunehmend im Wettbewerb
nicht nur mit FinTechs, sondern insbesondere auch mit Big-Tech- oder
Aggregatorplattformen. Internationale Beispiele zeigen die Potenziale
der Digitalisierung für etablierte Banken. So nutzt z. B. im
US-amerikanischen Markt ein wahrnehmbarer Anteil der Kunden virtuelle
Assistenzsysteme, die man aus anderen Bereichen des Alltags bereits
kennt (z. B. bei der Bank of America im ersten Quartal nach der
Einführung 3,5 Mio. Kunden), oder einen Robo Advisor (mit über 30
bzw. 100 Mrd. EUR Assets under Mangermennt bei Vaguard und Charles
Schwab), der auch im deutschen Markt sukzessive Fuß fasst. Die für
die digitale Transformation notwendigen Investitionen sind in der
finanziellen Planung ebenso vorzusehen wie ggf. teilweise durch
Ertrags- und Kostenmaßnahmen zu verdienen. Pricing- oder
Vertriebsmobilisierungspotenziale als Ansatzpunkte hierfür lassen
sich erfahrungsgemäß auch 2018 noch regelmäßig finden.
Aus Sicht der Allgemeinheit gibt es in diesem harten Wettbewerb im
Privatkundengeschäft jedoch durchaus einen Silberstreif am Horizont.
Der Wettbewerb, sowohl zur Bestandssicherung als auch um das
Neugeschäft, zwingt alle Anbieter dazu, sich immer stärker am Nutzen
ihrer Leistungen für die Kunden auszurichten. Die hohe
Veränderungsdynamik wird deshalb in den kommenden Jahren nicht nur
für Kunden eine stetige und zügige Verbesserung der Bankleistungen
und -services mit sich bringen, sondern auch stärkere Umschichtungen
bei der Verteilung des Ertragspotenzials zur Folge haben. Zumindest
für die schnellen, technologisch innovativen und eng am Kundenbedarf
ausgerichteten Marktteilnehmer ist das eine Chance im rückläufigen
Markt.
zeb wurde 1992 gegründet und zählt zu den führenden Strategie- und
Managementberatungen für Financial Services in Europa. An 17
Standorten sind international 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
für die Unternehmensgruppe tätig. In Deutschland unterhält zeb Büros
in Frankfurt, Berlin, Hamburg, München und Münster (Hauptsitz).
Internationale Standorte befinden sich in Amsterdam, Kiew,
Kopenhagen, London, Luxemburg, Mailand, Moskau, Oslo, Stockholm,
Warschau, Wien und Zürich. Zu den Kunden gehören europäische Groß-
und Privatbanken, Regionalbanken sowie Versicherungen. Bereits
mehrfach wurde zeb in Branchenrankings als "Bester Berater" der
Finanzbranche klassifiziert und ausgezeichnet.
Pressekontakt:
Franz-Josef Reuter Head of Public & International Affairs
Phone +49.251.97128.347
Fax +49.251.97128.520
E-Mail franz-josef.reuter@zeb.de
Original-Content von: zeb, übermittelt durch news aktuell
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