BERLINER MORGENPOST: Die SPD der kleinen Leute / Leitartikel von Jens Anker zur Berliner SPD
Geschrieben am 20-10-2018 |
Berlin (ots) - Kurzform: Allerdings ist fraglich, ob die beiden
Koalitionspartner Linke und Grüne das Rundum-sorglos-Paket der
Sozialdemokraten einfach so durchwinken werden. Angesichts stetig
steigender Steuereinnahmen wollen auch sie ihre Wähler mit
Geldgeschenken positiv stimmen. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD)
darf sich auf aufreibende Verhandlungen für den kommenden
Doppelhaushalt freuen. Gleichzeitig räumt die SPD mit ihrem
Finanzpaket aber auch ein, dass sie sich außerstande sieht, den
anhaltenden, in einigen Stadtteilen rasanten Anstieg der Mieten
aufhalten zu können und vor allem die in den Koalitionsverhandlungen
mit den Regierungspartnern verabredeten Anstrengungen beim Bau neuer
Wohnungen, einhalten zu können.
Der vollständige Leitartikel: Die Berliner SPD öffnet das
Füllhorn. Mit einem 500 Millionen Euro schweren Finanzpaket will sie
die Situation vor allem der unteren und mittleren Einkommen in der
Stadt verbessern. Die seit Jahren auf Sparflamme gehaltenen
Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sollen zudem eine neue
Berlin-Zulage in Höhe von 150 Euro je Vollzeitstelle erhalten, Eltern
von Hort- und Schulkindern zusätzlich entlastet werden. Die SPD
reagiert damit auf das anhaltende Stimmungstief, das die Partei
begleitet. Zusätzliche Brisanz gewann die Lage am vergangenen
Sonntag, als die Sozialdemokraten in Bayern mit nur noch desolaten
9,7 Prozent als fünftstärkste Kraft in den Landtag einzogen. Ratlos
reibt man sich nicht nur bei den Berliner Sozialdemokraten die Augen
- weit und breit ist kein Ende der Talfahrt in Sicht. Das sieht auch
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) so, der
einräumt, dass sich die Abkehr der Bürger von der Sozialdemokratie
seit vielen Jahren abzeichnet und es genauso viele Jahre brauchen
wird, die Menschen wieder zurückzugewinnen. Also konzentriert sich
die Partei auf ihr Kernpublikum: die kleinen und mittleren
Angestellten. Denn sie sind es vor allem, die unter der Entwicklung
der Stadt leiden. Sie verdienen zu viel Geld, um staatliche
Unterstützung zu erhalten, aber zu wenig, um sich die steigenden
Lebenskosten in der Stadt leisten zu können. Erste Stimmen in der
Berliner SPD sprechen sogar davon, sich vom Begriff der Volkspartei
abwenden zu wollen. Reine Klientelpolitik habe angesichts des
derzeitigen Höhenflugs der Grünen einfach mehr Erfolg, heißt es
schulterzuckend und fast schon verzweifelt. Dass die Sozialdemokraten
sich nun wieder mehr ihren traditionellen Wählerschichten zuwenden,
ist richtig. Gerade für sie wird es immer schwerer, sich eine
angemessene Wohnung in Berlin zu leisten. Die Verdrängung aus der
Innenstadt nimmt zu. Zwar ist die Situation in Berlin noch nicht so
schlimm wie in anderen Großstädten wie Paris, London oder Rom. Aber
der Trend der Verödung der Innenstädte ist auch in Berlin vielerorts
sichtbar: Immer mehr Wohnungen stehen fast ganzjährig leer, weil die
Besitzer sie nur für ein paar Tage nutzen, andere werden trotz
weitgehenden Verbots als Ferienwohnung vermietet. Allerdings ist
fraglich, ob die beiden Koalitionspartner Linke und Grüne das
Rundum-sorglos-Paket der Sozialdemokraten einfach so durchwinken
werden. Angesichts stetig steigender Steuereinnahmen wollen auch sie
ihre Wähler mit Geldgeschenken positiv stimmen. Finanzsenator
Matthias Kollatz (SPD) darf sich auf aufreibende Verhandlungen für
den kommenden Doppelhaushalt freuen. Gleichzeitig räumt die SPD mit
ihrem Finanzpaket aber auch ein, dass sie sich außerstande sieht, den
anhaltenden, in einigen Stadtteilen rasanten Anstieg der Mieten
aufhalten zu können und vor allem die in den Koalitionsverhandlungen
mit den Regierungspartnern verabredeten Anstrengungen beim Bau neuer
Wohnungen, einhalten zu können. Es stimmt zwar, dass hier vor allem
der Bund gefragt ist, durch eine entsprechende Gesetzgebung den
Wohnungsmarkt zu entlasten, aber dass das Land es auch nach
jahrelangen Anstrengungen nicht schafft, den landeseigenen
Wohnungsbau in Gang zu bekommen, bleibt ein Armutszeugnis. Zumal
unklar ist, ob die Entlastung der Mieter durch das jetzt beschlossene
Paket tatsächlich zu mehr Einkommen führt, oder ob sich die Vermieter
nicht vielmehr darüber freuen, dass immer mehr Berliner sich künftig
teure Mieten leisten können.
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