Rheinische Post: Kommentar: Bloß nicht verschrecken
Geschrieben am 21-11-2018 |
Düsseldorf (ots) - Der Europäische Gerichtshof hat gesprochen, und
Polen hält sich an die Entscheidung. Dass die rechtsnationale
PiS-Regierung im Streit mit Brüssel um die Justizreform in einem
zentralen Punkt einknicken würde, hatten erst nur EU-Optimisten
erwartet. Polnische Oppositionspolitiker hatten vor einem
Frontalzusammenstoß mit der EU gewarnt, in Brüssel war die Furcht
groß, dass sich Warschau über EU-Regeln hinwegsetzen könnte. Die
Entscheidung von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, die Zwangspensionierung
von Richtern rückgängig zu machen, ist mehr als nur ein taktisches
Zugeständnis an Brüssel und die EU-Freunde in Polen. Der Rückzieher
signalisiert, dass Kaczynski auf absehbare Zeit kein autoritär
regiertes Polen außerhalb der EU-Strukturen anstrebt. Vielmehr will
er die Macht der PiS in Warschau so weit festigen, dass ihr keine
reguläre Abwahl mehr droht. Die PiS ist erst seit drei Jahren an der
Macht, und die jüngsten Regionalwahlen haben gezeigt, dass bei den
Europa-, Parlaments- und Präsidentenwahlen eine politische Wende in
Polen möglich ist. Bis dahin wird Kaczynski die EU-freundlichen
Wähler nicht verschrecken wollen. Dann werden die Karten neu
gemischt.
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