(Registrieren)

"Die Würde des Menschen ist unantastbar"/ EKD veröffentlicht Wort zum Tag der Menschenrechte. Rat begrüßt UNO-Migrationspakt

Geschrieben am 06-12-2018

Hannover (ots) - Aus Anlass des 70. Jahrestages der Verkündung der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen
am 10. Dezember 1948 veröffentlicht die Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) ein "Wort des Rates zum Tag der Menschenrechte
2018". Darin begrüßt der Rat ausdrücklich die am Montag in Marrakesch
durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen zu
verabschiedenden UNO-Abkommen zu Flucht und Migration: "Der Rat
begrüßt den Migrations-sowie den Flüchtlingspakt der Vereinten
Nationen zur Schaffung besserer internationaler Regelungen für Flucht
und Migration", heißt es in der nachfolgenden Erklärung des Rates.

Wort des Rates der EKD zum Tag der Menschenrechte 2018:

"Am 10. Dezember 1948 verkündete die Generalversammlung der
Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
Angesichts der Erfahrungen zweier Weltkriege und ihrer Folgen und
damit der beispiellosen "Nichtanerkennung und Verachtung der
Menschenrechte", wie es in der Präambel der Allgemeinen
Menschenrechte heißt, bedeutete die Annahme der Resolution durch die
Staatengemeinschaft eine fundamentale Errungenschaft.

Die Beachtung dieser grundlegenden Menschenrechte ist selbst heute
- 70 Jahre später - immer noch nicht selbstverständlich. Die
internationale Staatengemeinschaft hat sie zwar durch viele
völkerrechtliche Verträge, wie zum Beispiel durch die Genfer
Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention,
als verbindlich anerkannt. Im Vertrag über die Europäische Union
heißt es: "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die
Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit,
Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich
der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind
allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch
Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit,
Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet."

Dennoch müssen wir diese Rechte immer wieder in Erinnerung rufen
und verteidigen. Dies gilt aktuell etwa angesichts von
Auseinandersetzungen in Fragen des Zusammenlebens in einer Welt, in
der an vielen Orten nach einer neuen Balance zwischen nationaler
Identität und den Veränderungen durch globale Handelsbeziehungen,
digitale Vernetzung und Zuwanderung gesucht wird. Ungelöste
politische oder wirtschaftliche Konflikte haben in den letzten Jahren
auch in Europa dazu geführt, dass um die konkrete Ausgestaltung von
Demokratie gerungen wird. Teilweise wurde insbesondere das Recht auf
Meinungs- und Pressefreiheit massiv eingeschränkt oder verletzt.
Gerade die Meinungs- und Pressefreiheit sind aber für den
demokratischen Rechtsstaat schlechthin konstitutiv. Ist dieses Recht
nicht geschützt, so hat das unmittelbare Auswirkungen auf die gesamte
Gesellschaft.

In engem Zusammenhang mit dem Recht auf Meinungsfreiheit steht die
schon in der Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
genannte Religionsfreiheit. Beide Rechte bedingen einander.
Religionsfreiheit beinhaltet das Recht, eine Religion zu haben oder
nicht zu haben, sie beinhaltet das Recht, seine Religion zu wechseln
und auch die Möglichkeit zur Kritik an Religion, die zum offenen
Diskurs in der Gesellschaft gehört. Umgekehrt ist Meinungsfreiheit
nur dann umfassend garantiert, wenn religionsbezogene Kritik geäußert
und religiöse Fragen offen diskutiert werden können. Damit ist die
Verantwortung verbunden, der Diskriminierung von religiösen
Gemeinschaften und Gruppen entgegenzuwirken. Um den
gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stützen und zu stärken, braucht es
deshalb den respektvollen Umgang von Menschen unterschiedlicher
religiöser und nicht religiöser Überzeugungen, in Europa und auch in
Deutschland.

Weiterhin gilt es, das Recht auf Asyl als Menschenrecht und die
individuellen Rechte von Geflüchteten zu verteidigen.

Wir erinnern daran, dass Menschenrechte universell sind. Sie
beruhen auf der Würde des Menschen und kommen allen Menschen aufgrund
ihres Menschseins zu. Die Universalität der Menschenrechte gewinnt
ihre Geltung in ihrer konkreten Anwendung. Dazu gehört die
Gewährleistung der Rechte Geflüchteter gemäß der Genfer
Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Ebenso gehört dazu das Eintreten gegen alle Formen der
Menschenverachtung, seien sie rassistisch oder populistisch bedingt,
sei es, dass sie aus politischem Kalkül geschehen. Schutzsuchende und
Migranten dürfen nicht zur Ursache von gesellschaftlichen Problemen
erklärt werden, deren Lösung Aufgabe der Politik ist.

Nach Angaben des UNHCR waren Ende des Jahres 2017 24,5 Millionen
Menschen auf der Flucht; hinzu kommen etwa 40 Millionen
Binnenflüchtlinge. Die Zahl der in der Europäischen Union (EU)
Schutzsuchenden ist vergleichsweise gering. In dieser Situation steht
die EU als Staatengemeinschaft vor der Aufgabe, gemeinsam
Verantwortung für Flüchtlinge zu übernehmen und nach Lösungsansätzen
für eine nachhaltige, zukunftsweisende und vor allem menschen- und
völkerrechtlich basierte Asyl- und Migrationspolitik zu suchen. Dazu
muss trotz aller Schwierigkeiten weiter an dem Aufbau eines echten
Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gearbeitet werden. Solidarität
und Verantwortung bei der Flüchtlingsaufnahme müssen in ein
ausgewogenes Verhältnis gebracht und möglichst hohe Verfahrens- und
Aufnahmestandards etabliert werden. Die Sicherung der Außengrenzen
Europas ist nicht nur legitim, sondern notwendig. Sie darf jedoch
nicht zur Abschottung führen und die Wahrnehmung des Rechtes auf Asyl
oder Schutz unmöglich machen, wie aufgrund des EU-Türkei-Abkommens
derzeit in den völlig überfüllten "Hotspots" auf den griechischen
Inseln zu beobachten ist. Deshalb muss die Sicherung der Außengrenzen
mit der Schaffung legaler Zugangswege für Schutzsuchende zur
Europäischen Union einhergehen. Zudem ist die Unterbringung von
Geflüchteten in geschlossenen Lagern nicht mit humanitären oder
rechtlich verbindlichen Standards, wie beispielsweise der
Europäischen Menschenrechtskonvention, vereinbar.

Die Integration von Geflüchteten, die in Deutschland leben, und
sei es nur auf Zeit, muss und kann besser und schneller ermöglicht
werden, als dies bisher der Fall ist. Familiennachzug unterstützt die
Integration. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des
Familiennachzugs zu Subsidiär Geschützten wurden von August bis Mitte
September 2018 jedoch lediglich 112 Visa erteilt, obwohl 1.000
Personen pro Monat die rechtliche Möglichkeit dazu bekommen sollten.
Dies ist ein nicht nachvollziehbares Versäumnis.

Schließlich stellen wir fest: Wo legale Einreisemöglichkeiten
nicht gegeben sind und gleichzeitig keine effektive staatliche
Seenotrettung vorgehalten wird, wird letztlich das Sterben von
Menschen billigend in Kauf genommen. Die EKD unterstützt deshalb die
zivile Seenotrettung ideell und finanziell. Dass diese inzwischen
massiv behindert, die Helfenden kriminalisiert und Häfen für Schiffe,
die Schutzsuchende an Bord genommen haben, geschlossen werden, ist
skandalös. Der Rat der EKD hat im Juni 2018 gesagt: "Es ist ein Gebot
christlicher Nächstenliebe, Menschen, die aus ihren Heimatländern vor
Krieg und Elend fliehen und in der EU Schutz suchen, nicht ihrem
Elend zu überlassen."

Weltweite Migration geschieht aus vielen verschiedenen Ursachen
und wird eine Tatsache der nächsten Jahre und Jahrzehnte bleiben. Wir
setzen uns dafür ein, dass Fluchtursachen untersucht und bekämpft
werden. Die "Ziele für nachhaltige Entwicklung" ("Sustainable
Development Goals", SDGs), die von den Vereinten Nationen 2015
beschlossen wurden, konkretisieren die Menschenrechte, indem sie
diese Rechte unter anderem auf die Felder der Armutsbekämpfung, der
Ernährungssicherheit, der Gesundheit, des Zugangs zu sauberem Wasser
und Bildung beziehen. Umgekehrt ist die Umsetzung der "Ziele für
nachhaltige Entwicklung" ein Beitrag zur Bekämpfung der
Fluchtursachen. Das bedeutet auch, dass Standards der
Entwicklungszusammenarbeit und Regeln des Waffenexports und seiner
Kontrolle sowie der Agrar-, Handels- und Fischereipolitik unbedingt
einzuhalten sind. Diese Politikfelder Deutschlands und der EU
bedürfen einer grundsätzlichen Änderung, da sie bisher zu einseitig
an unseren Interessen ausgerichtet sind und der eigenständigen
wirtschaftlichen Entwicklung in Afrika schaden bzw. sie zerstören.

Der Rat begrüßt den Migrations- sowie den Flüchtlingspakt der
Vereinten Nationen zur Schaffung besserer internationaler Regelungen
für Flucht und Migration. Die Evangelische Kirche unterstützt das
Ziel des Flüchtlingspakts, die vielfältigen völkerrechtlichen
Verpflichtungen zum Schutz von Geflüchteten zu stärken. Dazu zählen
insbesondere die humanitären Aufnahmeprogramme, auf die sich
Deutschland national und international längst festgelegt hat.
Ebenfalls unterstützen wir die im Migrationspakt festgeschriebenen
Standards für sichere, geregelte und legale Migration sowie eine
verstärkte Kooperation in der internationalen Migrationspolitik.

Unser wirtschaftlich starkes Land ist seit Langem ein
Einwanderungsland. Die EKD fordert schon seit vielen Jahren ein
Einwanderungsgesetz. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung nun ein
Eckpunktepapier für ein solches Gesetz vorgelegt hat. Aus Sicht der
EKD kommt es darauf an, nicht nur hochqualifizierte Arbeitskräfte
anzuwerben, sondern auch Perspektiven für Geringqualifizierte aus
wirtschaftlich schwächeren Staaten zu eröffnen. Die Anwerbung
qualifizierter Arbeitskräfte sollte eng mit entwicklungspolitischen
Maßnahmen verknüpft werden, damit sie nicht auf Kosten der
Herkunftsländer erfolgt. Wir treten auch für den sogenannten
"Spurwechsel" ein, der sowohl Geduldeten sichere Perspektiven gibt
als auch dem einheimischen Arbeitsmarkt nutzen kann.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Ohne die Wahrung der
Menschenrechte ist die Würde des Menschen nicht zu schützen. Im 70.
Jahr der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte engagiert sich die
EKD deshalb im Bereich "Menschenrechtsbildung" mit ihrer
Menschenrechtsinitiative #freiundgleich und will damit Kirchen und
Zivilgesellschaft in ihrer Arbeit vor Ort unterstützen."

Das Ratswort ist im Internet unter
www.ekd.de/Ratswort-Menschenrechte abrufbar.

Weitere Informationen zur Menschenrechtsinititative der EKD unter
www.freiundgleich.info.

Hannover, 6. Dezember 2018

Pressestelle der EKD

Carsten Splitt



Pressekontakt:
Carsten Splitt
Evangelische Kirche in Deutschland
Pressestelle
Stabsstelle Kommunikation
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: presse@ekd.de

Original-Content von: EKD Evangelische Kirche in Deutschland, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

666128

weitere Artikel:
  • KMK-Präsident Holter: Bedingungen vom Bund für Digitalpakt nicht tragbar Berlin (ots) - Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Die Linke), hat von der Bundesregierung einen Kompromiss beim Digitalpakt gefordert. Im Inforadio vom rbb sagte Holter am Donnerstag, die Haushälter in der Großen Koalition knüpften den Digitalpakt an Bedingungen, die für die Länder finanziell nicht tragbar seien. "Dass bei allen Bund-Länder-Programmen ab 2020, die Länder 50 Prozent der Finanzen übernehmen müssen, das ist uns zu hoch. Da muss der Bund nachlassen." Bei der mehr...

  • Saarbrücker Zeitung: Lammert ruft CDU zur Geschlossenheit auf Saarbrücken (ots) - Kurz vor Beginn des CDU-Parteitages in Hamburg hat der frühere Bundestagspräsident und jetzige Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Norbert Lammert, die Union zur Geschlossenheit aufgerufen. Lammert sagte der "Saarbrücker Zeitung" (Freitagausgabe): "Zu den demokratischen Spielregeln gehört, dass die Akteure grundsätzlich kompromissbereit bleiben und getroffene Entscheidungen akzeptieren." Auf die Frage, ob innerparteiliche Wunden zurückbleiben könnten, antwortete Lammert: "Das hängt sowohl von den Kandidaten mehr...

  • ULA: Doppelverbeitragung muss beendet werden / Dr. Roland Leroux: Bekenntnis zur Stärkung der Betrieblichen Altersversorgung wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Vertrauen Berlin (ots) - Die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände ULA unterstützt die Forderungen nach einem Abbau der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten. "Die CDU sollte die Chance nutzen, diese rentenpolitisch fragwürdige und als ungerecht empfundene Regelung zu beenden. Dies wäre ein wichtiges Signal, die politisch gewünschte betriebliche Altersversorgung wieder attraktiv zu machen", mahnt ULA-Präsident Roland Leroux. Die ULA fordert die Rückkehr zum normalen Beitragssatz für den Arbeitnehmeranteil. Konkret bedeutet mehr...

  • Wann ist ein Mann ein Vater? / Verbände fordern die rechtliche Definition von Vaterschaft über die biologische Abstammung Berlin (ots) - Nach geltendem Recht ist in Deutschland derjenige Mann Vater, der mit der Mutter eines Kindes verheiratet ist - eine Definition über den Ehestand. "Ein Anachronismus" meint Gerd Riedmeier, Sprecher der Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter (IG-JMV) und fordert die Neudefinition von Vaterschaft analog zur Mutterschaft über die biologische Abstammung ein. Eine zeitgemäße Korrektur sei überfällig. Die Rechtsvorschriften des BGB formulieren seit 1896 einen Vermutungsgedanken und stellen eine "gesetzliche mehr...

  • Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: "Die Unterschiede sind noch groß." (FOTO) Hamburg (ots) - In der aktuellen Ausgabe der BARBARA "War noch was?", die ab sofort im Handel erhältlich ist, spricht Barbara Schöneberger mit Bundesfamilienministerin Franziska Giffey über die Notwendigkeit von Frauenpolitik im Jahr 2018, den langen Weg zur Gleichberechtigung und ihren vollen Terminkalender: "Ich hatte in den ersten sechs Monaten als Ministerin 300 Termine in ganz Deutschland. Da merkt man ganz deutlich, wie groß die Unterschiede noch sind." Es gebe noch viel zu tun, die Rahmenbedingungen stimmten noch nicht mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht