Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur CDU
Geschrieben am 09-12-2018 |
Bielefeld (ots) - Kaum ist der Parteitag zu Ende, soll die CDU
bereits zerrissen sein. Das Ergebnis war knapp und die Enttäuschung
unter den Merz-Fans ist noch immer groß. Aber aus diesem Wahlresultat
alleine bereits einen Bruch herzuleiten oder gar eine geschwächte
neue Vorsitzende zu sehen, erscheint verfrüht. Annegret
Kramp-Karrenbauer hat wie erwartet Paul Ziemiak als neuen
Generalsekretär an ihre Seite geholt. Das kam nicht bei allen gut an.
Insbesondere das »Merz-Lager« wirft dem bisherigen Chef der Jungen
Union vor, ein »Verräter« zu sein, weil er »auf die andere Seite«
gewechselt ist. Solche Verschwörungstheorien sind natürlich Unsinn.
Wer so denkt, betrachtet die CDU nicht als eine Partei. Selbst wenn
man die Personalie Ziemiak kritisch sieht und manche sich lieber den
Paderborner Carsten Linnemann gewünscht hätten, ist der 33-Jährige
natürlich kein »Verräter«. Genauso nicht, wie es Linnemann als neuer
Generalsekretär gewesen wäre, der bekanntlich Friedrich Merz seine
Stimme gegeben hatte. Ziemiak ist jung, konservativ, spricht eine
klare Sprache. Wie Linnemann, der aber zusätzlich als unbequem und
forsch gilt. Vielleicht hat sich AKK auch deshalb gegen den Mann aus
Ostwestfalen entschieden. Es wird die Mammutaufgabe von Annegret
Kramp-Karrenbauer sein, möglichst alle guten Kräfte einzubeziehen.
Womit wir bei der Frage sind, welche Rolle Friedrich Merz künftig
spielen soll - und welche Rolle er in der CDU überhaupt bereit ist,
spielen zu wollen. Auch wegen seiner zumindest im ersten Teil
schwachen Rede in Hamburg und trotz seiner um acht Minuten längeren
Redezeit im Vergleich zu AKK hat er es nicht vermocht zu gewinnen. Er
bleibt dennoch einer der klügsten Köpfe der CDU. Kramp-Karrenbauer
will mit ihm reden, aber will Merz auch in einem »AKK-Team«
Verantwortung übernehmen? Oder wartet er wieder ab und kehrt zurück,
wenn Kramp-Karrenbauer scheitern sollte? Große Teile der CDU wünschen
sich Merz in einer Spitzenposition. Aber stellt er sich in den Dienst
seiner Partei? Vielleicht fragt er mal Wolfgang Schäuble. Der
76-Jährige wird Merz erklären können, dass ein konservativer Geist
einen herausragenden Platz in der CDU haben kann. Schäuble war nie
ein Freund der Kanzlerin, hat aber dennoch einen ausgezeichneten Job
gemacht. Daran ändert sein Fauxpas rund um die vehemente Intervention
für Merz nichts. Er hätte Merkel fallen lassen können, war trotz
aller Meinungsverschiedenheiten loyal. Wäre Merz dazu auch in der
Lage? Ob mit oder ohne ihn - AKK muss die Partei auf Kurs bringen.
Die CDU kann nur gemeinsam stark sein - mit allen Flügelstürmern.
Darin waren sich doch alle Parteifreunde einig in Hamburg, oder?
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Scholz Stephan
Telefon: 0521 585-261
st_scholz@westfalen-blatt.de
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