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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel "Freier Eintritt nur für uns" von Bernhard Fleischmann

Geschrieben am 17-12-2018

Regensburg (ots) - Die grenzenlose Freiheit lockt: Nachdem bereits
das zu Ende gehende Jahr der Tourismus-Branche viel Sonne und Wärme
in Form von zehn Prozent Umsatzplus gespendet hat, wollen die
Deutschen 2019 noch einmal mehr Geld für Urlaubsreisen ausgeben. Fern
der Heimat ist es besonders schön - Griechenland, die Türkei, Ägypten
und Tunesien sind besonders stark gefragt. Die Welt steht uns offen,
das setzen wir wie selbstverständlich voraus. Und grundsätzlich ist
es ja wunderbar, die Erde nahezu rund um den Globus betreten zu
können. Nur verstehen immer mehr Menschen in den reicheren Ländern
diese Freiheit als Einbahnstraße: Die Türen mögen sich doch
bitteschön nur in eine Richtung öffnen. Wenn andere Menschen zu uns
kommen wollen, ist es mit dem Hurra sogleich vorbei. Spätestens,
sobald jemand dauerhaft bei uns zu leben trachtet, möge doch ein
standfester und undurchlässiger Zaun hochgehen - siehe die
Diskussionen erst um den Migrationspakt und nun um den
Flüchtlingspakt. Nun besteht selbstredend ein großer Unterschied
darin, ob jemand nach zwei oder vier Wochen Urlaubsfreuden wieder
nach Hause zurückkehrt, oder ob ein Mensch aus fernen Ländern
ständigen Aufenthalt begehrt. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten. Denn
nicht nur Migration oder Flucht verändert das Zielland, sondern auch
Reisen. Das trifft häufig zunächst im guten Sinne auf den Reisenden
selbst zu, der neue Perspektiven jenseits seines angestammten
Horizonts erfährt. Aber auch das Reiseziel, an dem jeder - auch nur
temporär bleibende - Ankömmling Spuren hinterlässt, wandelt sich.
Diese Spuren können mehr Wohlstand erzeugen, aber auch die
gesellschaftlichen Strukturen vor Ort umwälzen und die Umwelt schwer
schädigen. Wer sich ein bisschen Gedanken über den Tourismus macht,
weiß das und versucht im besten Falle, die unerwünschten Auswirkungen
seiner Bewegungen rund um die Welt möglichst gering zu halten.
Gänzlich verhindern kann sie das Reisevolk indes nicht. Allmählich
ist diese Welt nicht mehr genug. Wo wir auch hinkommen, grassieren
Überbevölkerung, Umweltverschmutzung und Vermüllung. Die Paradiese
dieser Welt sterben aus. Das liegt auch am Tourismus, aber noch mehr
an dem Bevölkerungswachstum und dem miserablen Umweltbewusstsein in
weiten Teilen des Planeten. Der Tourismus trägt genauso wie die
übrige Wirtschaft die guten wie die schlechten Effekte der
Globalisierung in alle Winkel der Welt. Nun grasen wir noch die
letzten vermeintlich unberührten Flecken für ein imposantes Foto ab,
um die Instagram-Timeline zu zieren. Einheimische Menschen, die ihrem
Leben nachgehen wollen, stören da, sobald ihre Rolle über die des
exotischen Fotomotivs hinausragt - frei nach dem Kabarettisten
Gerhard Polt, der sinngemäß in einem Film gesagt hat: Italien wäre
schon ganz schön, wenn da nicht die ganzen Italiener wären. Was für
eine Grundhaltung: Unsere Heimat gehört alleine uns, die übrige Welt
möge für uns verfügbar sein. Der Rest der Menschheit soll doch bitte
bleiben, wo er ist. Das ist ein kolonialistischer Ansatz, der längst
auf dem Müllhaufen der Geschichte liegen sollte. Solches Denken
riecht übel nach Herrenmentalität. Das hört man gerade in Deutschland
nicht mehr gerne, lässt sich aber schlecht weglügen. Die Freiheit der
Bewegung in nur eine Richtung kann nicht funktionieren. Wer anderswo
offen und freundlich empfangen werden will, sollte das umgekehrt
genauso halten. Es geht um diese Grundhaltung. Sie beinhaltet nicht,
dass etwa Deutschland Tür und Tor öffnen muss für jeden
Bleibewilligen. Wir brauchen klarere Regeln, welche Migranten wir
aufnehmen wollen. Dann sollte es uns umso leichter fallen, diese
gastfreundlich willkommen zu heißen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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