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foodwatch zu Klöckner / Reduktionsstrategie / Zucker

Geschrieben am 19-12-2018

Berlin (ots) - Das Bundeskabinett hat die "Nationale Reduktions-
und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in
Fertigprodukten" von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf
den Weg gebracht. Erklärtes Ziel der Strategie ist es, "eine gesunde
Lebensweise zu fördern" und "den Anteil der Übergewichtigen und
Adipösen in der Bevölkerung zu senken".

Dazu erklärt Martin Rücker, Geschäftsführer der
Verbraucherorganisation foodwatch:

"Jetzt ist es also amtlich: Diese Ministerin ist
gesundheitsgefährdend. Julia Klöckner hat es mit einem massiven
Gesundheitsproblem zu tun und unterlässt es zu handeln - sie belässt
es dabei, bei der Lebensmittelindustrie lieb 'Bittebitte' zu sagen.
Die Zuckerlobby, Nestlé oder Coca-Cola dürften ihr Glück kaum fassen,
dass die Ministerin die Verantwortlichen für ein krankmachendes
Nahrungsmittelangebot so billig davonkommen lässt. Jeder weiß, dass
freiwillige Selbstverpflichtungen scheitern - gerade erst ist die
freiwillige Reduktionsstrategie in den Niederlanden gefloppt. Frau
Klöckner nimmt grassierendes Übergewicht, Diabeteserkrankungen und
frühzeitige Todesfälle billigend in Kauf. Sie ignoriert die Stimmen
von Medizinern und Ernährungsexperten und trägt damit eine
wesentliche Mitverantwortung für die Misere.

Seit Jahren fordern Ärzte, Fachgesellschaften und die
Weltgesundheitsorganisation wirksame Maßnahmen im Kampf gegen
Fehlernährung und Fettleibigkeit: Eine leicht verständliche
Ampelkennzeichnung für Zucker, Fett und Salz, eine Limo-Steuer und
eine Reduktion der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse, ein Verbot der
an Kinder gerichteten Werbung für unausgewogene Produkte. Andere
Länder machen Ernst im Kampf gegen Fettleibigkeit: Frankreich und
Spanien führen eine Lebensmittelampel ein, Chile beschränkt die
Werbung an Kinder und Großbritannien besteuert überzuckerte
Limonaden. Deutschland, das Land der Zuckerrübenbauern, bleibt
hoffnungslos rückständig.

Was soll eigentlich das Gefasel von Innovationen? Es geht darum,
dass scheinbar gesunde Frühstücksflocken für Kinder gerne mal 35
Prozent Zucker enthalten. Um das Problem zu lösen, bedarf es keiner
Innovationen. Frau Klöckner betreibt knallharte Interessenpolitik für
Zuckerrübenbauern und Lebensmittelindustrie.

Selbst die jetzt nur freiwillig gesetzten Ziele sind viel zu
lasch. Überzuckerte Frühstücksflocken mit 20 Prozent weniger Zucker
bleiben immer noch überzuckerte Frühstücksflocken. Die Fanta enthält
bei uns etwa doppelt so viel Zucker wie in Großbritannien, nachdem
dort eine Limo-Steuer eingeführt wurde. Selbst mit der jetzt
versprochenen Reduktion würde Fanta in Deutschland immer noch viel
mehr Zucker als nötig enthalten - und immer noch viel mehr als in
England. Frau Klöckner aber redet lieber über Innovationen. Mit ihrer
Strategie, bei der es nur vorgeblich um ein gesünderes
Lebensmittelangebot geht, macht die Ministerin der Lebensmittellobby
ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk."

Hintergrund:

Das als "Strategie" bezeichnete Papier von
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner bleibt meilenweit hinter
den Forderungen und Empfehlungen der medizinischen Fachwelt zur
Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas zurück. Schon seit Jahren
fordern medizinische Fachgesellschaften oder auch die
Weltgesundheitsorganisation wirksame politische Maßnahmen ein. Im Mai
dieses Jahres hatte ein breites Bündnis aus Fachorganisationen und
mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzten in einem Offenen Brief von der
Bundesregierung politische Maßnahmen gefordert:

- eine Lebensmittelampel
- Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung
- eine "Limo-Steuer"

All dies findet sich in Frau Klöckners Papier nicht wieder.
Stattdessen setzt das Ministerium nur auf eine freiwillige
Selbstverpflichtung der Ernährungsbranche.

Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass eine Limo-Steuer wirkt:
Dort hat ein Großteil der Hersteller den Zuckergehalt seiner Getränke
reduziert. Der britische Marktführer Coca-Cola zum Beispiel hat den
Zuckergehalt seiner Getränke Fanta und Sprite seitdem unter die
5-Gramm-Marke gesenkt (Fanta von 6,9 auf 4,6 Gramm und Sprite von 6,6
Gramm auf 3,3 Gramm). In Deutschland hingegen enthalten Fanta und
Sprite fast doppelt so viel Zucker: aktuell mehr als 9 Gramm.

Weiterführende Informationen:

Mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte fordern Maßnahmen gegen
Fehlernährung (Pressemitteilung, 2.5.2018): http://ots.de/zbt0y9

Herstellerabgabe auf Zuckergetränke in Großbritannien zeigt
deutliche Wirkung (Pressemitteilung, 27.03.2018):
http://ots.de/qM8CUQ



Pressekontakt:
Andreas Winkler
presse@foodwatch.de
030-24 04 76 290

Original-Content von: foodwatch e.V., übermittelt durch news aktuell


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